Um 13.36 Uhr wird der Lebenstraum wahr

Eton/Trier · Was für ein Tag für Richard Schmidt. Mit dem Olympiasieg hat der Ruderer des RV Treviris Trier gestern seine bisherige Karriere gekrönt. Seine Familie, die an der Strecke mitgezittert hat, ist mächtig stolz auf ihn.

Eton/Trier. Die auf der Wiese am See weidenden Schafe nehmen keine Notiz von der grandiosen Erfolgsgeschichte, die neben ihnen geschrieben wird. Noch 500 Meter der insgesamt zwei Kilometer langen Strecke auf dem Dorney Lake in Eton westlich von London sind zu absolvieren. Der deutsche Männer-Achter muss kämpfen - die erhoffte Goldmedaille ist in Gefahr. Dank eines energischen Schlussspurts sichern sich die kraftvollen Männer dann doch noch den Olympiasieg. Es ist ein Erfolg des Willens und der Leidenschaft.
Als der Ruder-Achter um 13.36 Uhr deutscher Zeit die Ziellinie als erster überquert, gehen die Arme nach oben. Auch beim Trierer Richard Schmidt. Trotz enormer Erschöpfung.
"Ich kann noch gar nicht richtig sprechen. Das Rennen war so schwer. Und krass. Dass wir uns am Ende noch mal so zurückkämpfen konnten - irre!", sagt er kurz nach dem Triumph zum TV.
Mit dem Olympiasieg hat sich der 25-jährige Ruderer des RV Treviris Trier einen Lebenstraum erfüllt. Seit dem Olympia-Debakel 2008 in Peking hat der neu formierte Achter akribisch auf das gestern erreichte Ziel hingearbeitet.
Schon 2008 in Peking dabei


Vor vier Jahren war Schmidt noch als Ersatzmann zu den Olympischen Spielen gefahren. Nach der Magen-Darm-Erkrankung eines Teils der deutschen Ruder-Nationalmannschaft sprang er ein und schaffte mit dem Vierer den Einzug ins Finale, wo er Sechster wurde.
Für Schmidt und seine Mitstreiter wird eine entbehrungsreiche Zeit nun belohnt.
Unter den 25 000 Zuschauern auf den Tribünen entlang des Sees, die eine Gänsehaut-Atmosphäre unter freiem Himmel erzeugen, fiebert Schmidts Familie mit. Die Eltern Jürgen und Inge, die ein blau-goldenes "Go for Gold"-T-Shirt tragen. Und Richards Schwestern Charlotte und Anke, die erst am Vorabend angereist waren und gestern kurz nach dem Rennen schon wieder den Heimweg antreten mussten. Die Eltern haben in der Nacht vor dem Rennen nicht sehr gut geschlafen. Zu groß war die Nervosität. Zu groß die Aufregung. Vater Jürgen: "Richard hat jahrelang auf diesen Moment hingearbeitet. Das Ziel war immer weit weg. Jetzt ist es erreicht. Es ist der Höhepunkt in seiner sportlichen Laufbahn." Auch Mutter Inge freut sich riesig für Richard: "Er hat zuletzt auf alles verzichtet. Auf Besuche bei der Familie und der Freundin. Auf Freizeit. Wir gönnen ihm den Olympiasieg so sehr."
Weit nach Renn-Ende dürfen die Eltern ihren Sohn in der sogenannten "kiss-and-cry-area" (frei übersetzt: Kuss-und-Tränen-Areal) endlich in die Arme schließen. Richard Schmidt musste zuerst noch zur Doping-Kontrolle. Als sie ihn herzt, bricht Mutter Inge in Freudentränen aus.
"Im Erfolg gibt es viele, die einen unterstützen. Aber die Eltern sind auch dann immer für mich da, wenn es mal nicht so läuft. Sie sind für mich ein Fels in der Brandung", sagt Richard Schmidt, der den Erfolg noch nicht ganz fassen kann. "Momentan ist es einfach ein geiles Rennen, das wir gewonnen haben. Dass wir Olympiasieger sind, werde ich erst später realisieren. Ich habe jetzt alles im Rudern gewonnen, was es zu gewinnen gibt."
Ans Aufhören denkt der Student aber nicht. "Nein. Dafür macht mir das Rudern zu viel Spaß. Ich will schon noch Rio anpeilen." Dort werden 2016 die nächsten Olympischen Sommerspiele ausgetragen.

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