Verärgerter Corrochano verlässt Eintracht Trier

Trier · Wirbel um Trainer-Abschied. Thömmes übernimmt.

 Oscar Corrochano. TV-Foto/Archiv: Sebastian Schwarz

Oscar Corrochano. TV-Foto/Archiv: Sebastian Schwarz

Foto: sjs / Sebastian J. Schwarz (g_sport

Trier Oscar Corrochano ist seit Dienstagnachmittag nicht mehr Trainer von Eintracht Trier. Der Vertrag des 40-Jährigen beim abstiegsbedrohten Fußball-Regionalligisten ist aufgelöst worden. In den restlichen Saisonspielen soll Co-Trainer Rudi Thömmes die Verantwortung für das Team übernehmen, bereits am Donnerstag im Heimspiel gegen den ebenfalls tief im Keller stehenden SC Watzenborn-Steinberg (19.30 Uhr, Moselstadion). Darüber sind sich alle Seiten einig. In vielen anderen Punkten haben aber Vorstand und (Ex-)Trainer ganz andere Ansichten. Der TV dokumentiert den ungewöhnlichen Verlauf des Trainerabschieds am Dienstag.Gegen 16 Uhr: "Vertrag aufgelöst. Oscar Corrochano nicht mehr Trainer von Eintracht Trier", titelt die offizielle Homepage der Eintracht. Im Text heißt es: "Die Trennung erfolgt in beiderseitigem Einvernehmen und auf expliziten Wunsch Corrochanos hin. (...) Diesem Wunsch kam der Verein nach, weil Corrochano nach eigener Aussage die Mannschaft nicht mehr erreiche." Auch ein Trierer Onlinemedium hatte kurz zuvor Corrochanos Abschied - noch ohne Quellenangabe - vermeldet. 16.25 Uhr: Oscar Corrochano ruft in der TV-Sportredaktion an, irritiert. Es gehe das Gerücht um, er habe hingeworfen. "Das ist nicht so. Mein Vertrag ist nicht aufgelöst, ich bin noch Trainer." Angesprochen auf die offizielle SVE-Pressemitteilung, die um 16.21 Uhr an den SVE-Presseverteiler ging (und deren Inhalt er nicht kannte), sagt er: "Das ist ja verrückt, was hier abläuft."16.30 Uhr: Eintracht-Vorstand Harry Thiele feiert Geburtstag mit der Familie. Aber es stimme schon alles, was in der Pressemitteilung stehe. Um 9 Uhr morgens habe es ein Gespräch mit Corrochano gegeben: "Das ist erledigt. Wir haben eine vernünftige Einigung gefunden." Rudi Thömmes leite das Abendtraining. Und Corrochano habe sich schon morgens vom Team verabschiedet.16.51 Uhr: Die Eintracht zieht per Mail die Pressemitteilung zum Corrochano-Abschied zurück und nimmt den Text von der Homepage. Eine Stunde später wird der gleiche Text unverändert freigegeben ("Sie können die ursprüngliche Version gerne verwenden."). 17.15 Uhr: Corrochano war zwischenzeitlich in der Geschäftsstelle, hat seinen Anwalt konsultiert und einen Auflösungsvertrag aufsetzen lassen. "Vor zehn Minuten haben wir den Vertrag aufgelöst. Jetzt ist es besiegelt." Dass er um den Rücktritt gebeten habe, weil er die Mannschaft nicht erreiche, bestreitet er. "Es hat am Freitag eine Undiszipliniertheit eines Spielers gegeben. Ich wollte ihn dafür suspendieren - aber der Vorstand wollte meine Entscheidung nicht mittragen", sagt Corrochano, der den Namen des Spielers nicht nennen will. Am Dienstagmorgen habe es dann ein Gespräch mit Vorstand Thiele und Aufsichtsratsmitglied Ernst Wilhelmi gegeben. Bis zu dem Vorfall am Freitag hätte sich Corrochano vorstellen können, auch im Abstiegsfall in Trier zu bleiben (sein Vertrag lief ohnehin nur bis zum 30. Juni 2017). Das ist nun natürlich hinfällig. "Ich hatte keine andere Wahl", sagt Corrochano, der bestätigt, sich am Vormittag von allen Spielern verabschiedet zu haben. Corrochano nach der Lektüre der Pressemitteilung: "Das ist schockierend. Nachtreten vom Allerfeinsten." KommentarMeinung

Es passt nicht, nirgendsEs hat nicht mehr gepasst. Das ist ein Satz, der nach jeder Trennung zutrifft, ob nach 25 Ehejahren oder eben nach sechs Monaten am Spielfeldrand - wie bei der Liaison zwischen Eintracht Trier und Trainer Oscar Corrochano. So leer, so wahr. Der Abschied des 40-Jährigen spielt angesichts der sportlich fast aussichtslosen Lage in der Liga wohl keine große Rolle mehr. Corrochano vermisste das Vertrauen von der Vereinsführung, auch in der Mannschaft rumorte es zuletzt - das kann in einer sportlich derart verfahrenen Situation vorkommen. Wenn alle verlieren, ist am Ende fast egal, wer mehr Recht hat oder weniger Schuld. Die Art und Weise, wie Corrochanos Abschied am Dienstag über die Bühne ging, dokumentiert aber erneut, was schon seit Saisonbeginn in dicken schwarzen Lettern über der Saison thront: Eintracht's Law 2016/17 - was schiefgehen kann, wird schiefgehen. Es passt nicht, nirgends. Nicht im Team, das viel zu oft unter seinen Möglichkeiten blieb. Und diesmal auch nicht im Umfeld: Dazu zählt, dass die Clubführung eine Vertragsauflösung bekanntgibt, bevor ein Vertrag überhaupt aufgelöst ist - und dem scheidenden Trainer völlig unnötig noch einen Tritt mitgibt. Das war vielleicht nicht einmal Absicht. Aber amateurhaft allemal. a.feichtner@volksfreund.de

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