Sport Sport: Futsal spaltet die Fußballer in zwei Lager (Video/Interview)

Mehring/Kröv/Trier · Anderer Ball, andere Tore, keine Banden: Die Hallen-Variante hat ein spezielles Regelwerk und deshalb nicht nur Freunde, sondern auch Feinde. Ein Beitrag aus unserer Serie "Spochtipedia", in der wir Sportarten vorstellen, die auch in der Region betrieben werden.

 Alexander Adrian (rechts) ist als Futsal-Verbandstrainer unterwegs. Er macht Spieler mit den Besonderheiten vertraut - wie hier die Akteure der SG Pölich-Schleich/Detzem.

Alexander Adrian (rechts) ist als Futsal-Verbandstrainer unterwegs. Er macht Spieler mit den Besonderheiten vertraut - wie hier die Akteure der SG Pölich-Schleich/Detzem.

Foto: Mirko Blahak

Mehring/Kröv/Trier Der Begriff taucht bei Ankündigungen für Fußballturniere in der Halle immer wieder und immer häufiger auf: Futsal. Oftmals wird er gleichgesetzt mit Hallenfußball. Doch das stimmt so nicht. Futsal ist lediglich eine Variante des Spiels unterm Dach - eine, die die Fußballer in zwei Lager spaltet.

Die Befürworter loben die Rasanz in der vom Weltverband Fifa international anerkannten Spielform, die vor allem durch folgende Punkte gekennzeichnet ist: Zum Einsatz kommt ein etwas kleinerer, sprungreduzierter Ball. Gespielt wird auf zwei Handballtore. Es gibt keine Banden. Geht der Ball ins Aus, gibt es einen Einkick. Jedes Team besteht aus vier Feldspielern und einem Torwart, der auch Treffer erzielen kann. Fouls werden restriktiv geahndet. Ähnlich wie beim Basketball werden die Vergehen pro Team addiert.

Ab einer bestimmten Zahl an Fouls (zum Beispiel vier oder fünf) gibt es für den Gegner direkten Freistoß ohne Mauer - von einem Zehn-Meter-Punkt aus. Grundsätzlich muss bei ruhenden Bällen nach spätestens vier Sekunden weitergespielt werden - sonst bekommt der Gegner den Ball.

"Futsal bietet einen hohen Spaßfaktor, ein unheimlich hohes Tempo und viele taktische Möglichkeiten. Man muss mehr mit dem Kopf spielen", sagt Wolfgang Stephan, Trainer der zweiten Mannschaft des TuS Kröv in der Kreisliga B und in der Vergangenheit Betreuer vieler Jugendteams. 1974 hat der heute 73-Jährige in der ehemaligen DDR seine erste Trainerlizenz gemacht. Er ist offen für Neuerungen. "Das spezielle Futsal-Regelwerk ist anfangs sicher Neuland, da man in der Halle zum Beispiel gewohnt war, den Ball an die Bande zu donnern. Aber bei uns haben die Jungs Futsal angenommen, weil der Ball im Vordergrund steht."

Die Vorteile aus Sicht der Befürworter: Futsal schult Ballgeschick, das Spiel nach vorne, Konzentration und taktisches Verständnis.

Für andere ist Futsal dagegen ein rotes Tuch. Frank Meeth, Trainer des SV Mehring, spricht beispielsweise von einer "ganz anderen Sportart". Futsal und Fußball hätten nicht so viel gemeinsam. Der 52-Jährige bestreitet nicht, dass die Ballbehandlung durch Futsal gefördert werde. Daher sei es okay, Elemente ins Jugendtraining zu integrieren. Doch ihm fehlt die Schulung von Robustheit: "Es geht beim Futsal in Richtung körperloses Spiel. Das widerspricht dem, was der Deutsche Fußball-Bund in seinen Nachwuchs-Mannschaften sehen will." Hintergrund: Von Hallenturnier zu Hallenturnier sind die Bestimmungen, ob im Futsal gegrätscht werden darf oder nicht, noch unterschiedlich. Gar nichts hält Meeth von Futsal im Seniorenbereich - vor allem auch aus Zeit- und Logistikgründen: "Mir stellt sich die Frage: Welche Vereine möchten das überhaupt? Meinem Empfinden nach ist die Resonanz extrem gering. Durch Futsal wird die Wintervorbereitung vieler Vereine gestört. Futsal muss man trainieren, dafür ist häufig gar keine Zeit. Hinzu kommt das Problem fehlender Hallenkapazitäten. Und beim Futsal braucht man zwei Schiedsrichter - es ist ja schon bei Spielen draußen manchmal ein Problem, einen Unparteiischen zu haben."

Meeths Prognose: "Futsal wird eine Randerscheinung bleiben." Alois Reichert, Vizepräsident für Fußballentwicklung und Talentförderung im Fußballverband Rheinland (FVR), sieht's genau anders. Er prophezeit: "In zehn Jahren wird es neben dem normalen Fußball bundesweit Futsal-Ligen geben." Bislang sind solche Klassen meist auf Ballungsgebiete beschränkt. Reichert möchte Farbe in den FVR bringen, der in Sachen Futsal bislang eher ein weißer Fleck ist (siehe Interview unten).

Dabei stößt der Trierer auf Skepsis, ebenso wie Alexander Adrian, Futsal-Verbandstrainer im FVR. Der 32-jährige Ex-Spieler des FSV Salmrohr und von Eintracht Trier ist im zweiten Jahr als Verbandscoach aktiv. Seine Aufgaben: informieren, aufklären, Spieler für die Verbandsauswahl rekrutieren. Und Demo-Trainingseinheiten anbieten.

So wie jüngst mit den Spielern des B-Ligisten SG Pölich-Schleich/Detzem. Spielertrainer Gustav Schulz sprach nach der Einheit von einem "Riesenunterschied": "Der Ball springt beim Futsal kaum. Man muss versuchen, ihn mit der Sohle mitzunehmen und ständig in Bewegung zu bleiben. Es ist ungewohnt und sehr anstrengend. Man muss oft wechseln."
Aus Sicht von Adrian steckt Futsal im FVR "noch total in den Kinderschuhen". Große Bedenken gebe es wegen des Spielgeräts: "Für viele Spieler ist es eine hohe Hürde, den Ball, der ein anderes Sprungverhalten hat, anzunehmen." Er glaubt: "Der Kampf gegen Windmühlen wird noch lange dauern." Sein Rezept, um Vorbehalte abzubauen: "Wir müssen und wollen den Dialog mit den Vereinen intensivieren."

Extra

Der Name Futsal leitet sich vom portugiesischen Ausdruck futebol de salão und dem spanischen fútbol sala (‚Hallenfußball‘) ab. In Deutschland wird eine nationale Futsal-Meisterschaft ausgetragen.Rekordmeister sind die Hamburg Panthers mit vier Titeln - sie sind auch amtierender Titelträger. Eine offizielle Futsal-Nationalmannschaft wurde durch den Deutschen Fußball-Bund Anfang 2016 gegründet. Ende Januar 2017 scheiterte die DFB-Auswahl in der Qualifikation zur Europameisterschaft 2018 in einer Gruppe mit Armenien (3:5), Estland (5:4) und Lettland (3:3). Trainer Paul Schomann trat im Februar zurück. Sein Nachfolger wurde der Niederländer Marcel Loosveld - als erster ausländischer Trainer einer DFB-Nationalmannschaft.Mehr zum Thema

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