Ministerien gehen auf Konfrontationskurs mit der Regierung

Das bereits beschlossene Sparpaket spaltet die schwarz-gelbe Regierung weiter. Diesmal geht es um die genaue Umsetzung der Pläne. Vor allem Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) stellt sich quer.

Berlin. (vet) Die schwarz-gelbe Koalition streitet mal wieder. Stein des Anstoßes ist die konkrete Umsetzung des im Vormonat beschlossenen Sparpakets. Manches Kabinettsmitglied will seinen Rotstift-Verpflichtungen nur unzureichend nachkommen, andere suchen bestimmte Vorgaben ganz zu kippen. Und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) versteht sich einmal mehr als ordnungspolitischer Bedenkenträger.

Der mangelnde Sparwille war bereits am Montag im CDU-Präsidium thematisiert worden. Beklagt wurde dort insbesondere die Rolle Brüderles, der gegen den geplanten Abbau der Ökosteuer-Vergünstigungen und die angepeilte Luftverkehrsabgabe wettert. Für die beiden Vorhaben sind das Umwelt- beziehungsweise das Verkehrsministerium federführend zuständig.

Ökosteuer: Nach Angaben des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft verursachen die steuerlichen Ausnahmen für Betriebe mit besonders hohem Energieverbrauch einen staatlichen Einnahmeverlust von rund 5,8 Milliarden Euro. Laut Sparpaket soll davon im kommenden Jahr eine Milliarde Euro eingetrieben werden. Betroffen sind Firmen im produzierenden Gewerbe und in der Landwirtschaft, die derzeit einen reduzierten Ökosteuersatz zahlen. Die ganz großen Stromfresser wie etwa die Metall- und Glasindustrie bleiben von der Ökosteuer weiterhin komplett ausgenommen. Brüderle argumentiert nun, dass betroffene Unternehmen künftig bis zu zehn Mal mehr Ökosteuer zahlen müssten als jetzt, was besonders für kleinere Unternehmen schlecht verkraftbar sei.

Luftverkehrsabgabe: 13 Euro für innereuropäische Flüge und 26 Euro für alle anderen Ziele sollen Fluggesellschaften pro Passagier zahlen, wenn ihre Maschinen in Deutschland starten. Und zwar für unbegrenzte Zeit. Dadurch würden Flugtickets zwangsläufig teurer. Auf diese Weise will der Bund pro Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich einnehmen. Gegen diesen Plan wehrt sich neben Brüderle auch Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Der eine warnt davor, dass die geplante Abgabe wegen des zu befürchtenden geringeren Passagieraufkommens zu einem Verlustgeschäft werden könnte. Der andere will die Abgabe bis 2012 befristen, weil der Luftverkehr dann in den Emissionshandel einbezogen werden soll. Nach Berechnungen des Finanzministeriums reichen die Einnahmen aus dem Emissionshandel aber nicht aus, um wie geplant weiter pro Jahr eine Milliarde Euro einzuspielen.

Fiskusprivileg: Jährlich 500 Millionen Euro will die Regierung durch eine Wiedereinführung des so genannten Fiskusprivilegs bei Insolvenzverfahren gewinnen. Dagegen sträubt sich Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Die Maßnahmen würden nämlich dazu führen, dass bei Firmenpleiten zuerst das Finanzamt und möglicherweise auch die Sozialkassen aus der Konkursmasse zu bedienen sind, während andere Gläubiger wie Handwerker oder Dienstleister, also ureigene FDP-Klientel, leer ausgingen. Über alternative Sparideen des Ressorts gibt es bislang noch keine Einigung mit dem Finanzministerium.

Elterngeld: 600 Millionen Euro pro Jahr sollen durch Einschnitte beim Elterngeld eingespielt werden. Ein erster Arbeitsentwurf des Familienministeriums hatte jedoch zu einem Aufschrei bei CSU und FDP geführt, weil auch Mini-Jobber und Niedrigverdiener mit ergänzendem Arbeitslosengeld II von den Kürzungen betroffen wären. Nun soll es für diese Gruppen Sonderregelungen geben. Damit steht aber das anvisierte Sparvolumen in Frage. Viel Zeit bleibt nicht mehr, um die Wogen zu glätten. Bereits Ende August will das Kabinett sämtliche Gesetzesentwürfe zum Sparpaket verabschieden. Ansonsten wäre das geplante Inkrafttreten zum 1. Januar 2011 gefährdet.

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