Wie Gläubige und Kleriker im Bistum Trier auf die jüngsten Papst-Entscheidungen reagieren

Trier · Die Entscheidung des Papstes, die Exkommunikation von vier Bischöfen der ultratraditionellen Piusbruderschaft aufzuheben, ist auch unter den rund 1,5 Millionen Katholiken im Bistum Trier auf Unverständnis gestoßen. Nachdem Benedikt XVI. zudem noch einen ultrakonservativen Priester zum neuen Linzer Weihbischof ernannt hat, denken auch viele Kleriker mit Unbehagen an die bevorstehende Neubesetzung des Trierer Bischofsstuhls.

Wer in diesen Tagen in Deutschlands ältestem Bistum mit Gläubigen oder Priestern über die jüngsten Entscheidungen des Vatikans spricht, erntet nur Kopfschütteln. Was sich der Papst und seine Kurie dabei gedacht haben mögen, als sie ausgerechnet einen notorischen Holocaust-Leugner und drei weitere Bischöfe der ultraorthodoxen Piusbruderschaft rehabilitierten, versteht niemand. "Die meisten meiner Kollegen verstehen die Welt nicht mehr", sagt am Donnerstag ein Dechant, der seinen Namen "lieber nicht" in der Zeitung lesen möchte.

Andere, wie der Wittlicher Dechant Rudolf Halffmann oder sein Kyllburger Kollege Klaus Bender, stehen offen zu ihrer Kritik. "Einen solchen Fehler", sagt Bender, "hätte der Papst nicht machen dürfen." Nicht nur wegen des Holocaust-Leugners Richard Williamson. Es sei doch naiv gewesen anzunehmen, "dass die Piusbruderschaft jetzt umschwenkt und das Zweite Vatikanische Konzil anerkennt". "Eine Riesen-Panne", meint auch Dechant Halffmann, er sei "enttäuscht und verärgert über die Entscheidung des Papstes."

"Jämmerlich, was da gelaufen ist"



Noch deutlicher wird der ehemalige Regionaldekan Josef Schönborn. "Es ist doch jämmerlich, was da in Rom gelaufen ist", sagt Schönborn und fügt hinzu: "Die Exkommunikation der vier Bischöfe hätte nie aufgehoben werden dürfen. Ich bin schwer enttäuscht vom Papst."

Enttäuscht ist auch der oberste Laienvertreter im Bistum Trier, Manfred Thesing, wenngleich der Katholikenrats-Vorsitzende diplomatisch von einem "Kommunikations-Defizit" spricht. Deutlicher wird Thesing aber in einem anderen Punkt: "Warum geht Rom auf die konservativen Katholiken zu und verliert die andere Seite aus den Augen?"

Eine Frage, die sich in diesen Tagen viele Gläubige stellen. Schon allein dehalb, weil der Papst nicht nur der umstrittenen Piusbruderschaft entgegenkam, sondern auch noch einen Ultrakonservativen zum neuen Weihbischof von Linz erkor - über die Köpfe des Domkapitels hinweg.

Jetzt schwant bereits vielen Gläubigen und Klerikern im Bistum Trier Böses. Zwar wählen die 14 Trierer Domkapitulare selbst den Nachfolger des nach München gewechselten Bischofs Reinhard Marx. Doch die Liste mit den drei Namensvorschlägen ("Terna") kommt aus Rom, genauer gesagt vom Papst (der TV berichtete mehrfach). "Benedikt XVI. entscheidet selbst darüber, welche drei Namen letztlich auf der Liste stehen", sagt ein Kirchen-Insider, "da kann mächtig getrickst werden." Und wie? "Indem zwei Zählkandidaten draufstehen und derjenige, den der Papst haben will", sagt der Experte. Andere im Bistum wiederum glauben zu wissen, dass eine erste Liste bereits in Trier eingetroffen sei, die Domkapitulare aber alle drei Kandidaten abgelehnt hätten. Jetzt warte man auf die neue Liste, heißt es, die nur deshalb noch nicht angekommen sei, "weil die in Rom im Moment andere Probleme haben".

Mehr zu tun als gewöhnlich haben derzeit auch die für die Kommunikation zuständigen Mitarbeiter des Trierer Generalvikariats. "Uns erreichen jeden Tag viele Anrufe und Zuschriften von Gläubigen", sagt Bistumssprecher Stephan Kronenburg. Die meisten seien "verunsichert, empört und in Sorge über die weitere Richtung, die die katholische Kirche einschlagen wird".

Ähnliche Erfahrungen macht in diesen Tagen auch der Kyllburger Dechant Klaus Bender: "Das beschäftigt die Leute, die meisten können es nicht verstehen."

Nicht mehr Kirchenaustritte als gewöhnlich



Der Zorn richte sich allerdings nicht gegen die Priester vor Ort, meint Benders Wittlicher Kollege Rudolf Halffmann, sondern gegen die Kurie im Vatikan. "Ihr strampelt euch ab", bekomme er häufig zu hören, "und von Rom bläst euch der Wind ins Gesicht."

Womöglich ist es diese Diskrepanz, die viele Gläubige im Bistum Trier noch davon abhält, aus der Kirche auszutreten. "Es gab in den letzten Tagen nicht mehr Kirchenaustritte als sonst", hieß es gestern zumindest im Trierer Standesamt.

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