Hausarztmodell lässt viele Mediziner kalt

TRIER. (wie) Streit um das gestern gestartete Hausarztmodell der Barmer Ersatzkasse: In der Region machen bislang nur wenig Ärzte mit. Sie kritisieren, dass sie damit weniger verschreiben dürfen und die Versorgung der Patienten gefährdet sei. 80 000 Barmer-Versicherte in der Region können an dem Modell teilnehmen.

Der Trierer Barmer-Chef Norbert Dixius muss derzeit Klingeln putzen. Fast täglich muss er Ärzte davon überzeugen, bei dem Hausarzt-Modell, das gestern bundesweit startete, mitzumachen. Doch bislang beißt er damit auf Granit. „Der Rücklauf könnte besser sein“, gesteht Dixius ein. Wie groß die Zahl der Nein-Sager ist, sagt er nicht. Doch weit weniger als der Landesdurchschnitt (30 Prozent) der Allgemeinärzte in der Region hätten bislang den Vertrag unterschrieben.

Für die rund 80 000 Barmer-Versicherte in der Region bedeutet das: Wenn sie teilnehmen, finden sie derzeit nur wenige Ärzte, zu denen sie gehen können. Im Land sind es bislang 637, bundesweit haben sich über 15 000 von insgesamt 55 000 Allgemeinärzten eingeschrieben. Bei dem Modell sollen die Patienten immer zuerst zu ihrem Hausarzt gehen, der koordiniert ihre Behandlung (Lotsenfunktion). Als Bonus erhalten die Versicherten jährlich 30 Euro Praxisgebühr vergütet. Die Kritik der Trierer Ärzte: „Das Ganze hat nur den Sinn, Patienten möglichst preisgünstig zu versorgen“, sagt Martin Dieudonné, Hausarzt und Vorsitzender des Ärzteverbundes Medi. Dessen 250 Mitglieder haben beschlossen, nicht mitzumachen.

In der Tat scheint Kostenreduzierung im Vordergrund zu stehen: „Für den Bereich Arzneimittel streben die Vertragspartner ( ) eine deutlich kostengünstigere Ausgabenentwicklung an“, heißt es in dem 55-seitigen Vertrag, den die Hausärzte aus dem Internet herunterladen und unterzeichnen sollen. Vor allem bei über 50-jährigen, chronisch kranken Patienten sollen dadurch Ausgaben gesenkt werden. Auch die Verordnung von Heilmitteln wie etwa Massagen soll reduziert werden. Zwar heißt es, dass „keinem Versicherten ein medizinisch notwendiges Arznei- oder Heilmittel ( ) vorenthalten werden darf“.

Doch, so Dieudonné, durch den Vertrag seien den Ärzten die Hände gebunden, was sie noch verschreiben dürften. „Alles Quatsch“, sagt Barmer-Regionalchef Dixius. „Auch ohne den Vertrag sind die Ärzte verpflichtet, wirtschaftlich zu behandeln.“ Die Einsparungen kämen zudem allen Versicherten zugute. Allerdings profitieren auch Ärzte und Apotheker, die mitmachen: Sie erhalten jeweils 30 Prozent der eingesparten Summe. „Damit mache ich mich strafbar, weil ich belohnt werde für Einsparungen einer Kasse“, sagt Dieudonné.

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