Land-Leben: Ohne Auto geht nichts

DAUN/BITBURG-PRÜM. (ik) Die Bank ist geschlossen, die Post abgezogen, der letzte Dorfladen steht leer: Seit Jahren wird die Infrastruktur auf dem Land immer dünner. Mittlerweile hat das Problem bedrohliche Ausmaße angenommen. Verbraucherschützer schlagen Alarm: Bis zu acht Millionen Menschen auf dem Land sind unterversorgt.

Die Landkreise Bitburg-Prüm und Daun sind beispielhaft - wenn es um die Versorgungsprobleme in ländlichen Regionen geht. Zusammen mit zwei weiteren Regionen in Nord- beziehungsweise Ostdeutschland wurden die beiden Kreise für eine Studie im Auftrag des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV) unter die Lupe genommen. Das am Donnerstag in Berlin vorgestellte Ergebnis: Zwischen 40 und 60 Prozent der Einwohner der vier Landkreise leben in Orten, in denen es keinen Einzelhandel mehr gibt. Praktisch nicht existent ist oft auch die Anbindung an Bus und Bahn. Besonders dramatisch ist die Lage der Studie zufolge im Kreis Bitburg-Prüm: 183 der 235 Gemeinden verfügen über keinerlei Vor-Ort-Versorgung mehr, 80 Prozent der Gemeinden mit 40 Prozent der Bevölkerung sind ohne einen einzigen Laden. VZBV-Vorstand Edda Müller spricht von einer "teilweise dramatischen Entwicklung". Vielerorts droht eine Abwärtsspirale, an deren Ende ausgestorbene Dörfer stehen könnten: Je unattraktiver eine Gemeinde ist, desto mehr Menschen wandern in die Städte ab. Und je niedriger die Einwohnerzahl, desto weniger Infrastruktur lässt sich aufrecht erhalten. Nur noch knapp jeder siebte Deutsche lebt derzeit in einem Gebiet mit weniger als 100 Einwohnern pro Quadratkilometer. Anfang der 90er Jahre war es noch jeder fünfte. Ohne Auto geht nichts mehr: Konnte 1982 die Hälfte der Einkäufe zu Fuß oder mit dem Rad erledigt werden, ist es heute gerade mal ein Drittel. Die Kilometerzahl für Einkaufsfahrten hat sich von 1982 bis 2002 bundesweit von 219 Millionen auf 444 Millionen am Tag mehr als verdoppelt. Das treffe vor allem Schwächere in der Gesellschaft, heißt es in der Studie: "Wer kein eigenes Auto hat, verfügt meist auch über wenig Kaufkraft - und muss sehen, wo er bleibt." Die Verbraucherschützer fordern unter anderem verbindliche Standards für die Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen wie Post, Bus und Bahn.

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