Pillen bald auch aus dem Internet

TRIER. (ik) Ersetzt der heimische Computer künftig die Apotheke um die Ecke? Ein Versandhandel mit Medikamenten soll auch in Deutschland zugelassen werden. Das sieht der Kompromiss zur Gesundheitsreform vor. Apotheker laufen Sturm gegen die Pläne.

 Apotheke oder Internet? Wer Medikamente braucht, soll bald die Wahl haben.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

Apotheke oder Internet? Wer Medikamente braucht, soll bald die Wahl haben.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

Versandhandel mit Medikamenten ist hierzulande seit 1998 verboten. Trotzdem können Deutsche entsprechende Angebote nutzen, wenn sie "Umwege" beipielsweise über Dänemark, Großbritannien oder die Niederlande in Kauf nehmen. Denn einer Richtlinie der Europäischen Union zufolge dürfen Internet-Dienste EU-weit angeboten werden, wenn sie den im Land des Anbieters geltenden Rechtsvorschriften entsprechen. Mit der Gesundheitsreform sollen Arzneimittel-Bestellungen im Netz einfacher werden: Geplant ist, Versandhandel auch in Deutschland zu erlauben. Das wichtigste Argument der Befürworter: Krankenkassen und Patienten sparten enorme Summen, weil viele Medikamente im Internet günstiger zu haben seien. Weitere Vorteile: Bestellt werden kann rund um die Uhr, und geliefert wird bequem nach Hause. Anwender etwa von Potenzpillen, Anti-Fett-Präparaten oder Mitteln gegen Haarausfall schätzen zudem die Diskretion. Doch der Versandhandel mit Medikamenten hat nicht nur Befürworter. Besonders Apotheker kritisieren die Liberalisierungs-Pläne scharf. Sie warnen unter anderem vor gefälschten Medikamenten, schlechter Beratung, Auslieferung verschreibungspflichtiger Medikamente ohne Rezept und Beipackzetteln in fremden Sprachen. Zudem seien Medikamente aus dem Versandhandel keinesfalls immer billiger. Und weil Internet-Apotheken keine Extra-Leistungen wie Nacht- und Notdienste anbieten müssten und sich auf die Arzneimittel mit den größten Gewinnspannen beschränkten, verzerrten sich die Wettbewerbsbedingungen zu Ungunsten herkömmlicher Apotheker, klagen diese. "Wir werden mit hoher Wahrscheinlichkeit den Kürzeren ziehen", sagt Hartmut Schmall, Präsident der Landes-Apothekerkammer. Er sieht flächendeckende Versorgung sowie Notdienste in Gefahr. Verbraucherschützer, die eine Liberalisierung des Versandhandels grundsätzlich begrüßen, teilen einige der Bedenken. Die Aussagen in den Reform-Eckpunkten seien "schwammig", kritisiert Sabine Strüder, Gesundheitsexpertin bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Komme die Freigabe der Internet-Apotheke, müsse ein Höchstmaß an Verbraucherschutz gewährleistet sein.

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