Rechtsextreme Rattenfänger sammeln sich

TRIER. (ik) Schlagkräftigere Strukturen, clevere Taktiken, besser ausgebildetes Personal: In der rechten Szene zeichnet sich eine Professionalisierung ab, die Beobachtern Sorgenfalten ins Gesicht treibt. Im Vorfeld der Landtagswahl rechnen sie mit zunehmenden Aktivitäten rechter Rattenfänger.

"In den ersten neun Monaten dieses Jahres hat es in Rheinland-Pfalz 7574 rechtsextreme Delikte gegeben - das sind 1800 mehr als im Vorjahreszeitraum." Holger Meuler von der Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ist alarmiert. Bereits 2004 war die Zahl rechtsextremer Straftaten in Deutschland laut Verfassungsschutzbericht um mehr als zehn Prozent gestiegen. Meuler sieht einen Zusammenhang mit neuen Tendenzen in der rechten Szene. Während sich einzelne Gruppen lange bekriegt hätten, arbeiteten sie nun zusammen. Führende Köpfe der Freien Kameradschaften etwa tauchten als NPD-Funktionäre auf. Auch Markus Nöhl von den Trierer Jusos, die mit der DGB-Jugend und weiteren Gruppen im Netzwerk für Demokratie und Courage gegen Rechtsextremismus mobil machen, spricht von einer "Qualitätsänderung" der Szene. Die Agitatoren seien inzwischen gut ausgebildet und sprächen junge Leute geschickt an - etwa über Musik, deren rechtsextremistischer Hintergrund sich nicht sofort erschließe. Auch an Trierer Schulen wurden dieses Jahr CDs mit Inhalten "hart an der Grenze zur Strafbarkeit" verteilt, sagt Wolfgang Willems, der die Polizei im Trierer "Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus" vertritt. Für Aufsehen in der Region sorgten die Rechten Anfang Juli, als die "Offensive Moselland" durch Trier marschierte, und sich ein Redner zu Hitler und dem Nationalsozialismus bekannte. Und vor der Bundestagswahl habe die NPD zahlreiche Aktionen im Umfeld sozial Schwächerer gestartet, berichtet Juso Nöhl. "Die Rechten betrachten gerade unsere Region als hoffnungsvoll." Nichts Gutes schwant den Beobachtern im Hinblick auf die Landtagwahl im März 2006. Ihre Vorhersage: Die Rechten werden ihre Aktivitäten deutlich verstärken. DGB-Mann Meuler verweist auf die Landtagswahl an der Saar im vergangenen Jahr: Dort habe die NPD bei den Erstwählern zehn Prozent erreicht. Die größte Gefahr aber liege "in den Krisen, die unserer Gesellschaft noch bevorstehen könnten", sagt Helmut Mors vom DGB in Trier. Verschlechtere sich die wirtschaftliche Situation, erhielten Rechtsextremisten weiteren Zulauf. "Da kann man durchaus historische Vergleiche ziehen."

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