Saddams letzte Schlacht

BAGDAD/BERLIN. (dpa/sey) 16 Stunden nach Beginn des Irak-Krieges haben am Donnerstagabend Amerikaner und Briten eine große Angriffswelle am Boden und aus der Luft gestartet. In Bagdad waren heftige Explosionen zu hören. Weltweit gab es Proteste. Auch in der Region gingen hunderte Demonstranten auf die Straße.

Im Süden des Irak überschritten Elite-Einheiten die Grenze zum Irak, meldeten der arabische Nachrichtensender El Dschasira und der US-Kabelsender CNN. Ein BBC-Reporter, der in einem US-Konvoi auf die irakische Grenze vorrückte, berichtete: "Der Bodenkrieg hat begonnen." Etwa 10 000 gepanzerte US-Militärfahrzeuge bewegten sich am Abend auf den Südirak zu. US-Eliteeinheiten überquerten die Grenze in der Nähe von Basra. Nach neuen US-Angriffen mit Marschflugkörpern gab es in der Innenstadt Bagdads heftige Explosionen. Die irakische Armee feuerte als erste Antwort auf den Angriff vom Donnerstagmorgen vier Raketen mit konventionellem Sprengköpfen auf den Norden Kuwaits, wo rund 200 000 amerikanische und britische Soldaten zum Angriff bereit stehen. In Großbritannien stationierte amerikanische Langstreckenbomber vom Typ B-52 wurden mit Marschflugkörpern und anderem Kriegsgerät beladen. Die Bomber können innerhalb von fünf bis sechs Stunden den Norden des Irak erreichen. Zuvor hatte die Türkei nach langem Zögern ihren Luftraum für US-Militärflüge geöffnet. Der Krieg unter dem US-Motto "Operation irakische Freiheit" hatte am Donnerstagmorgen um 3.33 Uhr MEZ mit einem ersten gezielten Schlag gegen den irakischen Machthaber Saddam Hussein begonnen. Nur 90 Minuten nach Ablauf des amerikanischen Ultimatums an Saddam feuerten US-Streitkräfte Marschflugkörper und Präzisionsbomben auf dessen vermuteten Aufenthaltsort in Bagdad. US-Präsident George W. Bush warnte, dass ein langer Krieg bevorstehen könnte. Der irakische Informationsminister Mohammed Sajjid el Sahhaf sagte später, Saddam habe den Angriff der Amerikaner überlebt. Seine Fernsehrede sei ein Beleg dafür. Das amerikanische Verteidigungsministerium zeigte sich überzeugt, dass mehrere irakische Militärführer getötet worden seien. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld rief die irakischen Streitkräfte zur Befehlsverweigerung auf. "Die Tage des irakischen Regimes sind gezählt", sagte Rumsfeld und kündigte eine Militäraktion an, die alles bisher gesehene übertreffen werde. Er teilte mit, dass im Süden des Irak drei bis vier Ölquellen brennen. Der Beginn des Krieges löste in aller Welt Betroffenheit und in vielen Ländern Kritik aus. Russland und China verlangten eine umgehende Einstellung der militärischen Aktionen und sprachen von einem Verstoß gegen internationales Recht. Aus Protest gegen den Angriff sind in Deutschland rund 200 000 Menschen auf die Straße gegangen. Die größten Demonstrationen gab es in Berlin. Rund 100 000 Kriegsgegner protestierten in der Hauptstadt. Auch in etlichen anderen Städten äußerten die Menschen bei Demonstrationen ihre Sorge um die Menschen im Irak. Mehrere Tausend forderten unter anderem in Freiburg, Rostock, Bremen, Saarbrücken, Kassel und Karlsruhe ein Ende der Kämpfe. Den Auftakt für die Protestwelle in Deutschland machten die Schüler: In Berlin versammelten sie sich auf dem Alexanderplatz und zogen zu der stark gesicherten US-Botschaft in der Nähe des Brandenburger Tores. In Trier protestierten mehrere hundert Menschen gegen den Angriff. In mehreren Städten Luxemburgs zogen über 10 000 Schüler gegen den Irak-Krieg auf die Straßen. Die Proteste verliefen friedlich. Einen Zwischenfall gab es lediglich bei der Demonstration vor der US-Botschaft in Luxemburg-Stadt, als ein Dutzend Krawallmacher die Polizei mit Flaschen und Steinen bewarf. Außer in Deutschland gab es Großdemonstrationen in London, Barcelona, Mailand, Athen, Kairo, Sydney und San Francisco.

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