Alarmsignale für Alzheimer beachten

Bereits eine Million Menschen leben in Deutschland mit Alzheimer - und die Zahl steigt. Denn je älter ein Mensch wird, desto höher sein Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Das Leben mit dem Vergessen ist oftmals eine große Belastung für die Betroffenen und ihr Umfeld. Alle Fragen zu Ursachen, Therapie und Hilfen bei einer Alzheimer-Erkrankung beantworteten die Experten unserer Telefonaktion.

 Vielbefragte Experten (von links): Gabriela Zander-Schneider, Wolfgang Schneider und Dieter Scharff. Foto: Veranstalter

Vielbefragte Experten (von links): Gabriela Zander-Schneider, Wolfgang Schneider und Dieter Scharff. Foto: Veranstalter

Trier. (red) Woher weiß ich, ob ich ein erhöhtes Alzheimer-Risiko habe?

Dr. Johannes Johannsen: Der größte Risikofaktor für eine Alzheimer-Erkrankung ist das Alter. Während in der Altersgruppe der 65- bis 70-Jährigen etwa 1,2 Prozent der Menschen an Alzheimer leiden, sind es unter den 80-Jährigen bereits 13 Prozent. Eine Reihe von Grunderkrankungen begünstigt die Entstehung einer Alzheimer-Demenz. Dazu gehören beispielsweise ein Diabetes mellitus und zu hoher Bluthochdruck. Etwa sieben bis acht Prozent aller Alzheimer-Fälle sind genetisch bedingt.

Mein Vater ist an Alzheimer gestorben. Wie wahrscheinlich ist es, dass ich die Krankheit geerbt haben könnte?

Dieter Scharff, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie: Das kommt darauf an, in welchem Alter Ihr Vater an Alzheimer erkrankt ist. Wir vermuten heute, dass nur bei Alzheimer-Erkrankungen vor dem 60. Lebensjahr die Genetik eine Rolle spielt.

Warum wird Alzheimer oft erst so spät erkannt und behandelt?

Wolfgang Schneider, Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Köln: Viele Menschen haben Angst vor der Diagnose Alzheimer. So deuten viele Betroffene und ihre Angehörigen die ersten Anzeichen der Krankheit als eine normale Altersvergesslichkeit und warten erst einmal ab. Für eine zielgerichtete Behandlung ist eine frühe Diagnose aber notwendig. Wichtig ist auch die Abgrenzung von anderen, zum Teil gut behandelbaren Demenzerkrankungen.

Mein Mann ist in letzter Zeit sehr vergesslich und wirkt häufig etwas desorientiert. Können diese Symptome erste Anzeichen von Alzheimer sein?

Dr. Mark Mertens, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie: Typisch für eine Alzheimer-Erkrankung sind neben Gedächtnisstörungen Probleme bei der Bewältigung von Routineaufgaben, Stimmungsschwankungen, Sprachschwierigkeiten und räumliche Orientierungsprobleme. Wenn Sie das deutliche Gefühl haben, dass neben einer normalen Altersvergesslichkeit etwas mit Ihrem Mann nicht stimmt, dann sollten Sie mit ihm einen Facharzt aufsuchen.

Ist die Diagnose von Alzheimer schmerzhaft?

Dr. Mertens: Nein, überhaupt nicht. In den meisten Fällen erfolgt die Diagnose klinisch, der Arzt kann also durch die Beurteilung Ihrer Beschwerden mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Alzheimer-Erkrankung feststellen oder ausschließen. Dazu werden manchmal bestimmte Tests eingesetzt, die genaueren Aufschluss über Art und Ausmaß der Gedächtnisstörungen und der Beeinträchtigung des Denk- und Urteilsvermögens geben.

Welche Therapien kommen bei der Behandlung von Alzheimer zum Einsatz?

Professor Rolf-Dieter Hirsch: Die nichtmedikamentösen Therapien reichen von der Verhaltenstherapie über Ergotherapie, Gedächtnistraining und Erinnerungstherapie bis hin zur Bewegungstherapie. Zudem kommen Medikamente zum Einsatz. Mittel der Wahl sind heute sogenannte Acetylcholinesterase-Hemmer, die den Signalaustausch zwischen den überlebenden Nervenzellen verbessern.

Mein Mann leidet an Alzheimer und ist sehr aggressiv und unruhig. Sollte ich ihm beruhigende Medikamente geben?

Dr. Johannsen: Grundsätzlich gilt, dass nur schwere Verhaltensstörungen von Alzheimer-Patienten mit sogenannten Neuroleptika behandelt werden sollten. Diese Medikamente haben eine entspannende und beruhigende Wirkung, aber zum Teil auch erhebliche Nebenwirkungen. Außerdem erhöhen sie das Risiko für einen Schlaganfall. Daher sollte zunächst immer versucht werden, die Begleitsymptome der Krankheit auf nichtmedikamentösem Weg zu beeinflussen. In vielen Fällen ist ein verändertes Verhalten der Bezugspersonen oder die Umgestaltung der äußeren Umgebung hilfreich.

Bei meiner Mutter wurde gerade Alzheimer diagnostiziert. Wo finde ich Hilfe und Rat?

Gabriela Zander-Schneider, Vorstand der Alzheimer Gesellschaft Köln: Gerontopsychiatrische Beratungsstellen, Gedächtnisambulanzen und Fachärzte beraten Sie bei allen Fragestellungen zu Diagnose und Therapie der Erkrankung. Außerdem erfahren Sie hier, welche Unterstützung Sie bei der Betreuung und Pflege demenzkranker Angehöriger bekommen können. Ich rate Ihnen, möglichst frühzeitig Hilfen in Anspruch zu nehmen, um einer Überforderung vorzubeugen.

Was ist die Ursache der Alzheimer-Krankheit?

Dr. Johannsen: Die Ursache ist das Absterben von Gehirnzellen. Wie es dazu kommt, ist noch immer nicht vollständig geklärt. Doch man weiß inzwischen, dass sich im Laufe der Krankheit immer mehr Eiweiß-Spaltprodukte, sogenannte Amyloide, im Gehirn ablagern. Sie behindern die Reizübertragung zwischen den Nervenzellen, die für Lernprozesse, Orientierung und Gedächtnisleistungen unerlässlich ist.

Kann man einer Alzheimer-Erkrankung vorbeugen?

Dr. Mertens: Wir vermuten, dass körperliche und geistige Aktivität potenziell vor einer Alzheimer-Erkrankung schützen. Auch von der Ernährung könnte eine vorbeugende Wirkung ausgehen: Die ausreichende Versorgung mit den Vitaminen C, E und B sowie mit Omega-3-Fettsäuren scheint mit verringertem Demenzrisiko verknüpft zu sein. Der einzige Schutzfaktor, der wissenschaftlich nachgewiesen wurde, ist die Blutdrucksenkung.

Ich bin an Alzheimer erkrankt. Was sollte ich alles regeln, bevor ich mich an nichts mehr erinnern kann?

Wolfgang Schneider: Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen offen darüber, wie die Zukunft aussehen soll. Sie müssen zum Beispiel regeln, wo, mit wem und wie Sie in Zukunft leben wollen. Außerdem sollten Sie sich in finanziellen und rechtlichen Fragen Rat holen. Ein erfahrener Anwalt kann mit Ihnen eventuell eine Patienten- und Betreuungsverfügung verfassen.

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