Der vermeintliche weiße Übeltäter

Zu hoher Blutdruck gilt als wesentlicher Risikofaktor für Gefäßerkrankungen, Nieren- und Herzschwäche. Eine Volkskrankheit, an der 27 Millionen Deutsche leiden. Welche Rolle der Salzkonsum dabei spielt, erklärt e-balance-Ernährungsberaterin Katrin Kleinesper.

Trier. (red) Anfang der 70er-Jahre führte der amerikanische Forscher L. Dahl einen Versuch mit Ratten durch, bei dem er die Tiere mit großen Mengen Salz fütterte. Das Ergebnis war eindeutig: Die Ratten hatten Bluthochdruck und starben früher. Später wurde zwar bekannt, dass die verabreichte Menge Salz, auf den menschlichen Körper bezogen, ungefähr 500 Gramm pro Tag entsprach. Doch änderte dies nichts daran, dass Salz als ein Hauptrisikofaktor für hohen Blutdruck galt.In den 80er-Jahren wurde die "Intersalt"-Studie in über 30 Ländern durchgeführt. Bei über 10 000 Teilnehmern wurden der Blutdruck und die Kochsalzzufuhr gemessen. Die Ergebnisse konnten die Bluthochdrucklegende nicht bestätigen: Würde die Kochsalzzufuhr von durchschnittlich zehn Gramm täglich auf vier Gramm gesenkt werden, wäre ein Blutdruckabfall von 0,1 mm HG zu erwarten. Das amerikanische Wissenschaftsmagazin "Science" untersuchte 114 Studien genauer und stellte fest, dass die generelle Empfehlung, den Salzkonsum einzuschränken, nicht mehr haltbar sei.

Heute gibt es Wissenschaftler, die eine salzarme Ernährung sogar als Risiko sehen. So ist gerade bei älteren Menschen der Salzverzicht riskant, da er die geistigen Fähigkeiten beeinträchtigt. Außerdem sorgt Salz dafür, dass ältere Personen, deren Durstregulation häufig geschwächt ist, Durst entwickeln und trinken.

Die durchschnittliche Salzaufnahme liegt in Deutschland laut deutscher Salzindustrie bei acht Gramm pro Tag, der Körper eines Erwachsenen benötigt täglich jedoch nur drei bis sechs Gramm, was etwa einem Teelöffel entspricht. Diese zu hohe Aufnahme kann dadurch entstehen, dass sich Salz gern versteckt, etwa in Brot, Käse, Wurst, Konserven und Fertigprodukten, und dadurch die Aufnahme nicht bewusst vor sich geht.

Ohne Salz schmeckt vieles "langweilig"

Es ist zwar reine Geschmacksache und viel Gewohnheit dabei, aber ohne Salz schmeckt vielen vieles zu "langweilig". Salz, also die Mineralstoffe Natrium und Chlorid, ist für unseren Körper essentiell. Deshalb sind wir auf die Zufuhr angewiesen. Natrium ist im Körper verantwortlich für die Regulation des Wasserhaushalts und an der Reizübertragung von Muskel- und Nervenzellen beteiligt, Chlorid ist Bestandteil der Verdauungssäfte.

In der Praxis empfehlen besonders niedergelassene Ärzte ihren Bluthochdruckpatienten weiterhin die Einschränkung des Salzkonsums. Wissenschaftler sind sich über die Richtigkeit dieser Empfehlung nicht so recht einig. Dennoch geht die Tendenz immer deutlicher weg von der salzarmen Ernährung bei Bluthochdruck. Als Hauptursachen für Bluthochdruck gelten: genetische Veranlagung, Übergewicht, hoher Alkoholkonsum, mangelnde körperliche Bewegung und zu viel Stress.

Gesunde Personen brauchen sich keine Sorgen um ihren Blutdruck zu machen, sollten sich aber, ebenso wie Bluthochdruckpatienten regelmäßig bewegen, viel Obst und Gemüse essen, nicht rauchen und nur moderat alkoholische Getränke genießen. Experten-Chat

Experten-Chat Heute: Experten-Chat für alle TV-Leser. Haben auch Sie noch weitere Fragen zu diesem Thema? Heute, Donnerstag, ist von 18 bis 19 Uhr Ernährungsexpertin Nicole Hoenig (Foto: privat) im Chat für die Volksfreund-Leser zu erreichen unter www.volksfreund.de/abnehmen. Unter dieser Adresse sind in der kommenden Woche zwei weitere Experten im Chat erreichbar: am Montag, 23. April, von 10 bis 11 Uhr Ernährungsexpertin Nina Böllert und am Dienstag, 24. April, von 19 bis 20 Uhr der Physiotherapeut Matthias Thoni.

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