Die Renten-Ziehung

Der Mann betreibt eine Eckkneipe, die Frau hilft als Angestellte mit. Doch obwohl sie Beiträge zur Sozialversicherung zahlt, hat sie nicht immer einen Anspruch auf Leistungen. Auf diese Lücke in der Sozialversicherung weist die Dortmunder Unternehmensberatung Financial Networx hin.

Trier/Dortmund. (red) Besserung bei dieser Versicherungslücke sei nicht in Sicht, sagen die Experten von Financial Networx. Und rechnerisch auch nicht möglich, bedeute dies doch die Zahlungsunfähigkeit der Sozialsysteme. Christina Nickel, Inhaberin von Financial Networx, erklärt: "Nach mehreren Studien sind eine Million Deutsche in Betrieben jeglicher Rechtsform betroffen. Ein Bruttoeinkommen von monatlich 1500 Euro vorausgesetzt, fließen jährlich sechs Milliarden Euro zu Unrecht in die Sozialkassen. Im Durchschnitt liegt die Erstattung bei 60 000 Euro je Fall."In der Grauzone der Sozialversicherung

Doch wer gehört zu den potenziellen Kandidaten? Anders als im Steuerrecht gibt es für die Sozialversicherung nicht nur Arbeitnehmer und Arbeitgeber. In einer Grauzone bewegen sich angestellte Verwandte, Verschwägerte, Ehegatten und Lebenspartner des Unternehmers, außerdem Gesellschafter und Geschäftsführer. Diese, so Betriebswirtin Nickel, genießen keine Rechtssicherheit. "Wer von dieser Lücke betroffen ist", führt Nickel aus, "zahlt Beiträge zu Renten- und Arbeitslosenversicherung, geht aber im Notfall (etwa Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit) leer aus.Die Sozialversicherungsträger prüfen nach Nickels Angaben die Versicherteneigenschaft erst, wenn Leistungen beantragt werden. Und können zu dem Ergebnis kommen, dass keine Versicherungspflicht vorlag. Beitragszahlung allein führt jedoch nicht zu Versicherungsschutz, so steht es im Gesetz. Selbst, wenn bei Betriebsprüfungen Beiträge nachgefordert wurden, können die Beteiligten sich nicht in Sicherheit wiegen. Betriebsprüfungen, so das Bundessozialgericht, seien stichprobenartig. Selbst in Kleinbetrieben müsse einem Prüfer nicht auffallen, dass jemand zu Unrecht Beiträge zahlt. Auch bei der Nachforderung von Beiträgen werde nur geprüft, ob die Summe korrekt sei, nicht, ob Beitragspflicht bestehe, so die Richter.Wer glaubt, sein Geld zurückzubekommen, irrt. Rentenbeiträge lassen sich zurückfordern. Doch für die Bundesagentur für Arbeit gilt Sonderrecht. Ohne fachkundige Hilfe ist dies kaum zu umgehen. Nach dem Motto "selbst Schuld" beruft die Bundesagentur sich auf Verjährung - "der Betroffene hätte sich ja eher informieren können."

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