Die meisten Kitas schließen zu früh

Mehr zeitliche Flexiblität der Kindertagesstätten in Deutschland hat gestern der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, gefordert. Braun bezog sich auf eine Umfrage unter 6700 Kitas, die ergeben hatte, dass Betreuungsangebote in Tagesrandzeiten und an Samstagen noch immer die Ausnahme sind.

Berlin. (wk) Bundesweit nur vier Prozent der befragten Kitas haben nach 18 Uhr noch geöffnet, und vor 7.30 Uhr nur 67 Prozent. Vor allem für Teilzeitkräfte, Schichtarbeiter und Beschäftigte des Einzelhandels sei das ein großes Problem, sagte Braun.

Der Osten schnitt bei den Frühöffnungszeiten mit 95 Prozent weit besser ab. Der DIHK-Chef wies darauf hin, dass in Deutschland schon bald Fachkräfte fehlen werden. "Wenn wir das bewältigen wollen, müssen wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern."

Auch dass 99 Prozent der Kitas samstags geschlossen sind, ist für den DIHK vor diesem Hintergrund ein großer Mangel, ebenso wie die Tatsache, dass 27 Prozent der Einrichtungen (im Osten drei Prozent) in den Ferien einfach für mehrere Wochen schließen, ohne eine Alternativbetreuung anzubieten.

Die Wirtschaft müsse schon aus Kostengründen ihre Maschinen rund um die Uhr auslasten. "Viele Kitas aber verharren noch in den alten Strukturen." Nur ein knappes Drittel biete bisher die Möglichkeit an, Betreuungszeiten individuell festzulegen. "Meistens heißt es hopp oder topp, halbtags oder ganztags." Auch Betreuungszeiten nur von neun bis zwölf Uhr gibt es mancherorts noch, allerdings seien solche Kitas auf dem Rückzug. Braun empfahl den örtlichen Handelskammern, dagegen bei den Kommunen vorzugehen.

Festgestellt wurde in der Untersuchung, dass betriebliche Kitas und Einrichtungen privater Träger generell bei der Flexibilität besser abschnitten als kommunale.

Braun plädierte deshalb dafür, die Betreuungsförderung auf ein Gutscheinsystem umzustellen, wie es in Hamburg und Berlin schon existiere. Dabei suchen sich die Eltern selbst die geeignete Kita aus.

Viele Jugendämter wehrten sich jedoch gegen den dadurch entstehenden Wettbewerb unter den Kitas, sagte Braun. "Da gibt es viel Beharrungsvermögen".

In der Debatte um den Ausbau der Krippenbetreuung für unter Dreijährige war in diesem Jahr auch Familienministerin Ursula von der Leyen mit ihrem Vorschlag eines Gutscheinsystems gescheitert. Die SPD hatte nicht mitgemacht.

Braun wollte bei der Präsentation seiner Studie nicht missverstanden werden: Es gehe ihm nicht darum, Kinder einfach möglichst lange irgendwo aufzubewahren. Die Betreuung müsse qualitativ gut sein. Ein Weg dazu könne auch eine bessere Kooperation zwischen Kitas und Unternehmen sein, sagte Braun. Etwa über bezahlte Belegplätze für Firmenmitarbeiter oder durch Sponsoring.

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