Heißer Fächer

"So sieht ein 24-Stunden-Sonnenkraftwerk aus." Jürgen Kleinwächter steuert auf eine Ecke des Aufenthaltraums seiner Entwicklerfirma BSR Solar Technologies in Lörrach zu. Dort steht das Modell seines Kraftwerks - ein großer, schräggestellter Spiegel, ein Metallzylinder davor, ein paar Röhren und Gestänge und dann noch ein zweiter Zylinder. Das ist alles.

 Zylinder-Ping-Pong : Die von den Sonnenspiegeln eingefangene Energie wird zunächst in Magnesiumhydrat und dann in Analat gespeichert. Wird sie nachts benötigt, nimmt sie den umgekehrten Weg. Foto: Deutschlandfunk

Zylinder-Ping-Pong : Die von den Sonnenspiegeln eingefangene Energie wird zunächst in Magnesiumhydrat und dann in Analat gespeichert. Wird sie nachts benötigt, nimmt sie den umgekehrten Weg. Foto: Deutschlandfunk

Lörrach. Dieses eher unspektakulär wirkende Gerät also soll aus Sonnenwärme Strom machen - und zwar auch nachts, wenn die Sonne nicht scheint. Für viele Menschen in Dörfern entlegener Weltregionen wäre es die ideale Technik, um an Strom zu kommen. Das Funktions-Prinzip ist so einfach wie günstig: Das 24-Stunden-Solarkraftwerk spielt eine Art solares Ping-Pong mit Wasserstoff. Tagsüber erzeugt es Wasserstoff, den es abends wieder verbraucht."Als Erstes haben wir eine Sonnenoptik, die die Sonnenstrahlung einfängt und bündelt", sagt Jürgen Kleinwächter und deutet auf die linke Seite seines Modells. Die Optik besteht aus mehreren hochkant nebeneinander aufgehängten Spiegeln - das Ganze erinnert ein wenig an einen aufgeschlagenen Fächer. "Die Spiegel erzeugen Temperaturen von mehreren hundert Grad." Im Brennpunkt der Spiegel - dort, wo es am heißesten wird - liegt einer der beiden Zylinder. "Das ist der erste Speicher - er ist gefüllt mit Magnesiumhydrat", erklärt der Entwickler und raschelt mit einer kleinen hellen Plastikflasche. Die enthält das spezielle Pulver aus Magnesium und Wasserstoff.Wird es über 300 Grad Celsius erhitzt, setzt es das Gas frei. "Das Gas fließt dann durch diese Leitung hier in den zweiten Speicher", fährt Kleinwächter fort und deutet auf das rechte Ende seines Modells. Dort ist ein weiterer Zylinder aufgestellt, diesmal senkrecht. "In dem ist ein anderer thermochemischer Speicher, sogenanntes Analat." Analat ist eine Verbindung aus Natrium, Aluminium und Wasserstoff. Sie kann bei niedrigen Temperaturen Wasserstoff aufnehmen und ihn bei leichter Erwärmung wieder freisetzen.Er läuft und läuft und läuft

So ermöglichen die beiden Speicher und der Sonnen-Spiegel das solare Ping-Pong-Spiel mit dem Wasserstoff: Tagsüber erhitzt die Sonne das Magnesiumhydrat. Das setzt Wasserstoff frei. Der Wasserstoff wird ins Analat gedrückt und gespeichert. Nachts wird der Wasserstoff wieder freigesetzt und strömt zurück zum Magnesiumpulver. Dort reagiert das Gas und erzeugt Hitze. "Wir nutzen die Hitze mit einem Stirling-Motor", sagt Jürgen Kleinwächter, "der sitzt hier in unserem Modell ganz frech mit seinem Erhitzerkopf direkt eingetaucht in das heiße Magnesiumbett."Stirling-Motoren funktionieren ähnlich wie konventionelle Hubkolben-Motoren; die Hitze wird jedoch von außen zugeführt. Üblicherweise brauchen sie mindestens 600 Grad Celsius, um wirtschaftlich zu arbeiten. Jürgen Kleinwächter hat jedoch einen besonderen Typ entwickelt, der mit weniger Wärme auskommt - eben genau so viel, wie das Kraftwerk erzeugt. "Und da dieses Magnesiumbett immer heiß ist, kann der Motor gar nicht anders: Er läuft immer."Der Stirling-Motor lässt sich mit verschiedenen Aggregaten koppeln - mit einer Kältemaschine, einer Wasserpumpe - oder mit einem Strom-Generator. Seine Maschine ist deutlich einfacher als eine Verbindung aus Solarzellen und einer Batterie, ist Kleinwächter überzeugt. "Um ein kleines Dorf mit Strom zu versorgen, bräuchten wir einen Spiegel mit 15 Quadratmetern Größe." Dazu kommen noch Magnesium, Analat, Behälter aus Stahl - alles in allem würde die Anlage rund 500 Kilogramm wiegen. Eine Blei-Batterie allein brächte mehrere Tonnen auf die Waage.Fast 20 Jahre lang hat Jürgen Kleinwächter die einzelnen Komponenten entwickelt und Testanlagen gebaut. Bis Ende des Jahres will er nun den ersten Prototypen in Lörrach aufstellen. Der Text basiert auf einem Radio-Beitrag für die Sendereihe des Deutschlandfunks (DLF) "Energie auf der hohen Kante", der heute ausgestrahlt wird. Die Beiträge der Reihe laufen im DLF bis einschließlich Freitag, 28. September, jeweils um 16.35 Uhr, und sind im Internet auf www.dradio.de nachzuhören. Sie empfangen den Deutschlandfunk rund um Trier auf UKW 104,6 MHz sowie im Digitalradio.

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