Hilfe suchen ist der richtige Schritt

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Eltern ihre Kinder bei Fehlverhalten wie selbstverständlich übers Knie legten oder ihnen regelmäßig die Hand ausrutschte. Inzwischen haben Kinder ein gesetzlich verbrieftes Recht auf eine gewaltfreie Erziehung, und die weitreichenden Folgen von Gewalterlebnissen in der Familie sind sowohl wissenschaftlich als auch in den Medien umfangreich dokumentiert worden.

 Petra Gottwald.Foto: privat

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Trotzdem kommen immer wieder Kinder durch (elterliche) Gewalt zu Schaden oder sogar zu Tode. Wie kann das sein?
Kinder testen ihre Grenzen und bringen die Erziehenden damit an deren Grenzen. Wenn darauf mit Gewalt reagiert wird, ist das immer ein Zeichen von Überforderung und Hilflosigkeit aufseiten der Erwachsenen. Fatalerweise führen Schläge zunächst oft zum "erwünschten" Ergebnis: Erst einmal ist Ruhe, wenn auch nur vor Schreck und Schmerz. Gewalt vermag jedoch nichts am Verhalten eines Kindes zu ändern und führt niemals zu einer Einsicht. Die Folgen für das kindliche Selbstwertgefühl, den Umgang mit anderen und die Eltern-Kind-Beziehung sind verheerend - vor allem dann, wenn der erste Kontrollverlust der Einstieg in eine Gewaltspirale ist, die über längere Zeit andauert. Verbale Gewalt in Form von Beschimpfungen und Herabsetzungen ist ähnlich schädigend für die kindliche Entwicklung.
Leider ist Elternsein nichts, was "automatisch" funktioniert, und selbst bei noch so guten Voraussetzungen kann man sich nicht auf alle denkbaren Situationen mit Kindern vorbereiten. Außerhalb der Familie kann ebenfalls einiges schieflaufen und zur Verschärfung einer belastenden Situation beitragen. Überforderung und Hilflosigkeit sind daher keine Schande! Dazu werden sie erst, wenn Kinder darunter leiden müssen. Wer bei sich oder anderen Anzeichen von Überforderung wahrnimmt, sollte rechtzeitig Hilfe suchen oder diese anbieten. Auch wenn das Überwindung kostet: Es ist in jedem Falle der richtige Schritt.
Petra Gottwald ist Diplom-Psychologin und stellvertretende Leiterin der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Palais e.V., Trier.

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