Künftig Rechtsberatung "light"?

Die Rechtsanwaltskammer Koblenz stellt folgendes Szenario auf: Stellen Sie sich vor, Sie sind als Kraftfahrer in einen Unfall verwickelt. Ihre KFZ-Werkstatt transportiert den Wagen ab und der Kundendienst-Meister bietet Ihnen nicht nur einen Mietwagen an, sondern sagt: "Dann können wir doch auch die Schadensregulierung mit der Versicherung für Sie erledigen. Sie haben dann mit dem ganzen Papierkram nichts zu tun!" Das klingt doch verlockend. Warum also nicht?

Trier. (red) So könnte es laufen, wenn das im Gesetzgebungsverfahren befindliche Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) in Kraft tritt. Dieses Gesetz sieht das oben geschilderte Szenario nämlich ausdrücklich vor. Aus der Sicht des Geschädigten können die Anwälte vor einer solchen Vorgehensweise jedoch nur warnen. Denn damit das Opfer nicht auf den Kosten sitzen bleibt, sollte direkt nach dem Unfall erst einmal die Haftungsfrage geklärt werden und ob mit vollem Schadensersatz gerechnet werden kann oder nur mit einer Quote. Werden Reparaturkosten übernommen?

Wenn das Fahrzeug schon älter ist, stellt sich ferner die Frage, ob die Versicherung die Reparaturkosten noch übernimmt - auch wenn es gut gepflegt ist und gerade eine neue Tüv-Plakette bekommen hat. Und schließlich: Wird die Versicherung die Mietwagenkosten übernehmen? Nach Ansicht der Rechtsanwaltskammer Koblenz sind zur Abgabe einer halbwegs verlässlichen Prognose genaue Kenntnisse aus dem Verkehrsrecht erforderlich, über die nur ein ausgebildeter Rechtsanwalt verfügt. Beratungsfehler zu diesem Zeitpunkt ziehen schwerwiegende finanzielle Schäden für das Opfer nach sich. Auch als zufriedener Kunde eines Autohauses ist es leichtfertig, folgendes zu verkennen: Wenn es um die Frage geht, ob eine Abrechnung auf Totalschadenbasis erfolgen muss oder aber auf Reparaturbasis rechtlich möglich ist, hat das Autohaus durchaus eigene Interessen. Händler hat auch eigenes Interesse

Für den Händler kann es - vom Einzelfall abhängig - durchaus wirtschaftlich interessanter sein, ein Ersatzfahrzeug zu verkaufen und mit dem Unfallwagen selbst zu handeln, als das Unfallfahrzeug zu reparieren. Die Anwaltskammer fragt: Kann man bei solchen handfesten wirtschaftlichen Eigeninteressen wirklich erwarten, dass hier eine ausschließlich an den Interessen des Geschädigten orientierte Beratung erfolgt? Man wird es auch keinem Autohaus verdenken können, dass es dem Kunden einen Mietwagen für die Dauer der Reparatur anbietet. Schließlich tragen Einkünfte aus der Vermietung von Ersatzfahrzeugen zum wirtschaftlichen Erfolg eines Betriebes bei. Doch Vorsicht! Nicht jeder hat einen Mietwagenanspruch und wenn dieser gegeben ist, muss das Mietwagenangebot marktgerecht sein. Ansprüche müssen korrekt gestellt werden

Und schließlich ist es für den Geschädigten in den meisten Fällen sinnvoller, auf den Mietwagen zu verzichten und stattdessen Nutzungsausfall geltend zu machen. Auch wenn es um die Durchsetzung der Ansprüche auf Schmerzensgeld, Verdienstausfall oder Haushaltsführungsschaden geht, ist der Geschädigte bei einem im Verkehrsrecht versierten Anwalt besser aufgehoben. Sind nämlich die Weichen in der Schadensregulierung bereits zu Anfang falsch gestellt worden, wird sich kaum ein fachkundiger Anwalt darauf einlassen, den bereits völlig verfahrenen Fall noch zu übernehmen. Viele Ansprüche sind dann für immer verloren. Risiken bestehen auch für das Autohaus. Wer einen Geschädigten bei der Schadensregulierung berät und dabei Fehler begeht, der haftet auf Schadenersatz wegen Verletzung dienstvertraglicher Pflichten. Das Autohaus haftet für jeden auch nur leicht fahrlässigen Beratungsfehler seiner Mitarbeiter. Zu solchen und weiteren Fragen von Lesern des Trierischen Volksfreunds stehen die Experten heute von 17 bis 19 Uhr am TV-Telefon Rede und Antwort. Die Fachanwälte sind: Jürgen Verheul von der Kanzlei Adams und Kollegen, Trier, Thilo Wünsche von der Kanzlei Schött/Feltes/Brand, Trier, Frank Ernser von der Kanzlei Felten/König, Trier, sowie Dr. Werner Linden von der Kanzlei Bomm/Schatz, Trier.

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