Nach dem Tod laufen die Online-Konten weiter

Ob Online-Banking oder E-Mail-Zugang, Facebook-Konto oder Internet-Auktionen: Im digitalen Zeitalter gibt es zahlreiche Konten und Passwörter zu verwalten. Umso komplizierter wird es, wenn man als Erbe im Sterbefall an die Daten heranmuss. Denn fast alle Anbieter handhaben dies anders.

Die Fakten: Schaut man sich die Fakten an, wird es künftig wohl kaum mehr Sterbefälle ohne den sogenannten digitalen Nachlass geben: Immerhin 80 Prozent der Deutschen sind im Internet unterwegs, viele bestellen Waren, andere verwalten dort ihre Finanzen - von Online-Banking und sozialen Netzwerken einmal ganz abgesehen. "Etwa 30 Online-Zugänge sind im Schnitt üblich, manche Verbraucher haben gar 50 Accounts und mehr", sagt Barbara Steinhöfel, Expertin für digitalen Nachlass bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. TV-Serie Erben & Vererben

Das Problem: Auch nach dem Tod bleiben sämtliche Internet-Aktivitäten erst einmal bestehen: E-Mail-Postfächer laufen voll, gestartete Auktionen gehen weiter, und das Internetprofil preist unverändert den beruflichen Werdegang oder informiert über den letzten Sommerurlaub. Für die Seite des Erblassers empfiehlt die Notarkammer Koblenz, für den Fall der Fälle Vorbereitungen zu treffen. "Grundsätzlich geht auch der digitale Nachlass auf dessen Erben über", erklärt Geschäftsführer Steffen Breßler. "Dies gilt für das digitale Vermögen, wie das Eigentum an der Hardware, gespeicherte Dateien sowie Rechte und Pflichten aus Verträgen mit Providern." Verbraucherschützerin Steinhöfel gibt zu bedenken: "Das Problem besteht darin, dass alle Aktivitäten weiterlaufen, es aber für Verbraucher viele verschiedene Benutzerkonten und Accounts gibt." Denn schon praktisch unterscheiden sich die Lösungswege der Provider voneinander. Und dies könne für den Erben Konsequenzen haben. Der schlimmste anzunehmende Fall wäre: "Forderungen und Rechnungen laufen auf, die die Erben nicht kennen und auf die sie keinen Zugriff haben", sagt die Expertin. Die Folge: Irgendwann kämen Mahnbescheide über Abos, Telefonrechnungen, Fitnessstudio-Verträge, gebuchte Urlaube und Ähnliches beim Erben an, die dieser dann auch bedienen müsse. "Denn ich stehe als Erbe für den kompletten Nachlass des Verstorbenen ein, auch für seine Verpflichtungen", so Steinhöfel. Die Tipps: Es ist also erforderlich, die Geschäftsbedingungen der Anbieter zu studieren, wenn man eine maßgerechte Lösung wünscht. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, schon zu Lebzeiten eine Liste mit Benutzerkonten anzulegen, im Falle des Online-Bankings gar bei einem Notar zu hinterlegen. "Letzteres ist aber nicht für alle Verbraucher sinnvoll, da sich Kennwörter regelmäßig ändern und dies teuer werden kann", sagt Steinhöfel. "Mit einer eindeutigen Erbeinsetzung ist auf dem digitalen Terrain schon viel gewonnen", rät Breßler. Der Erbe als neuer Vertragspartner des Online-Dienstes könne so immer an die Stelle des Toten treten.Denn manche Anbieter teilen dem Erben nur gegen Vorlage eines Erbnachweises die Zugangsdaten mit, andere löschen oder sperren den Zugang nach monatelanger Inaktivität (siehe Extra). Als Erbnachweis genügen in den meisten Fällen ein Erbschein, eine Sterbeurkunde sowie eine Kopie des Personalausweises oder ein notarielles Testament. "Das ist gang und gäbe und sinnvoll, denn dies berechtigt den neuen Nutzer auch, Daten zu löschen", sagt die Verbraucherschützerin. "Insgesamt hinkt das Recht allerdings den technischen Entwicklungen hinterher", weiß Steffen Breßler. So wirken sich neben dem Zivilrecht auch das Fernmeldegeheimnis und Datenschutzrecht aus, wenn es darum gehe, welche Informationen Provider herausgeben. Gerade in diesem Bereich sei die Rechtslage derzeit umstritten, was zu Rechtsunsicherheit führe. So wird die Ansicht vertreten, dass E-Mails und Daten, die durch den Verstorbenen selbst noch nicht vom Server abgerufen worden sind, nicht an Erben gegeben werden dürfen. Denn der Versender der Mail hat sich nicht einverstanden erklären können.Und dann noch: "Zusätzlich zum Testament sollte jeder über eine Vorsorgevollmacht nachdenken. Damit wird die Zeit abgedeckt, in der ich noch lebe, aber nicht mehr in der Lage bin, meinen digitalen Nachlass zu verwalten", rät Steffen Breßler. An einen Bevollmächtigten könnten so Aufträge im Hinblick auf die Sichtung der Dateien gegeben werden. Der schnelle Zugriff garantiere damit, dass Online-Vertragsbeziehungen unter Einhaltung von Kündigungsfristen abgewickelt werden könnten.Im letzten Teil unserer Serie beschäftigen wir uns mit Regularien, die Erben einhalten müssen.volksfreund.de/erbeExtra

Dienstleister: Wer\\'s leicht haben will und es sich leisten kann, kann einen speziellen Dienstleister engagieren, der für rund 100 bis 250 Euro den PC des Verstorbenen daraufhin untersucht, wo der Verstorbene im WWW aktiv war und welche Lösungen es jeweils gibt. Ebay Hier reichen laut der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz Sterbeurkunde und Erbschein, um Zugriff aufs Konto zu bekommen. Laufende Aktionen muss der Erbe allerdings trotzdem zu Ende bringen und die Ware auch zur Verfügung stellen. Facebook Schon zu Lebzeiten kann man das Konto nach einer bestimmten Zeit des Nichtnutzens in einen Gedenkstatus versetzen lassen. Allerdings raten die Verbraucherschützer Nutzern, die solche Konten nicht regelmäßig besuchen, sich bezüglich des Ablaufs der Frist selbst zu erinnern. Fotos Laut der Verbraucherzentrale gibt es kaum Möglichkeiten, Fotos von Verstorbenen im Internet löschen zu lassen. Es sei denn, der Verbraucher habe schon bei der Veröffentlichung eine Löschung im Todesfall verfügt. Google Auch bei Google gibt es laut der Verbraucherzentrale einen Inaktivitätsmanager, den man schon zu Lebzeiten aktivieren kann. Auch hier gilt: Den Zeitpunkt im Blick behalten, wann der Account bei Nichtnutzung gesperrt wird. sas Extra

Laut der Bundesnotarkammer kostet die Beurkundung eines Einzeltestamentes bei einem Reinvermögen von 50 000 Euro eine Gebühr von 165 Euro, eines gemeinschaftlichen Testamentes oder eines Erbvertrages bei einem Reinvermögen von 90 000 Euro eine doppelte Gebühr von 492 Euro. Weitere Kosten fallen für Schreibauslagen, Porto, das Zentrale Testamentsregister und die Umsatzsteuer an.sas

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