Schenken, adoptieren, vererben?

Noch wird über die Erbschaftssteuer-Reform kräftig gestritten, doch die ersten Auswirkungen zeigen sich schon: Der vorliegende Reformentwurf hat bereits einen Adoptionsboom ausgelöst.

Trier. Der Kern der neuen Erbschaftssteuer-Reform steht: In Zukunft sollen deutlich weniger Erben und Beschenkte Steuern an den Staat zahlen müssen - die jedoch deutlich mehr als bisher. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat Eckpunkte fixiert, nach denen neben Ehepartnern, Kindern und Enkeln ebenso auch gleichgeschlechtliche Lebenspartner profitieren. Für Geschwister, entfernte Verwandte und Freunde wird es voraussichtlich teurer.

Bisher zahlten jährlich rund 220 000 Erben Steuern, diese Zahl wird nach den Plänen auf etwa 140 000 Personen sinken. Da aber ein Ansatz der Reformpläne war, die Einnahmen für den Staat dürfen nicht sinken, bedeutet dies, dass weniger Erben mehr zahlen müssen.

Wie im vergangenen Jahr sollen Erben und Beschenkte auch weiterhin rund vier Milliarden Euro dem Staat einbringen.

In Trier steigt die Erbschaftssteuer



Im Bezirk Trier ist nach Mitteilung des Finanzamtes Trier das Erbschaftsaufkommen 2007 sogar um rund vier Prozent auf rund 8,2 Millionen Euro gestiegen. Dagegen ist jetzt schon - vor der Reform - die Zahl der Erbschaften stark rückläufig.

In Rheinland-Pfalz rechnet das Finanzministerium in den kommenden Jahren - nach rund 222 Millionen Euro im Jahr 2007 - mit rund 233 Millionen Euro für 2008. Im kommenden Jahr erwartet man sogar 240 Millionen Euro. Nach dem Koalitionskonzept können Ehepartner künftig 500 000 Euro steuerfrei erben, bisher waren es nur gut 300 000 Euro. In den Reformplänen ist zunächst für Kinder eine Erhöhung des Freibetrags von 205 000 auf 400 000 Euro vorgesehen, für Enkel von 50 000 auf 200 000 Euro.

Zudem soll sich die Bewertung und damit auch die Besteuerung von privat genutztem Wohneigentum am Verkehrswert orientieren und nicht wie bisher am Bedarfswert. Das normale Einfamilienhaus wird so künftig steuerfrei an nahe Angehörige vererbt werden können. Nimmt man etwa ein gebrauchtes Einfamilienhaus mit einem Wert von 170 000 Euro oder ein neues alleinstehendes Einfamilienhaus mit einem Wert von 215 000 Euro, so läge dies unterhalb der Freibeträge für Ehepartner und Kinder. Die Freibeträge für entfernte Verwandte und sonstige Erben sollen auf 20 000 Euro angehoben werden. Nach aktuellem Recht liegt der Freibetrag für Geschwister, Neffen und Nichten bei 10 300 Euro, für alle übrigen Erben bei 5.200 Euro. Von dem darüber liegenden Betrag müssen die Betroffenen 30 Prozent an das Finanzamt abführen.

Zumindestens in Bayern haben die Pläne einen Adoptions-Boom ausgelöst: Der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht, Klaus Michael Groll, sagte, beim Amtsgericht München liege die Steigerungsrate bei 40 Prozent im Vergleich zu en Vorjahren. Eine Adoption auch unter Erwachsenen erscheine vielen Menschen als Ausweg, um drastische Mehrbelastungen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer zu vermeiden. Der Fiskus stufe ein Adoptivkind wie ein leibliches Kind ein. Wer nicht in gerader Linie miteinander verwandt ist, müsse nach den bisherigen Koalitionsplänen mit höheren Steuern rechnen.

Schenken statt Vererben: Ein anderer Ausweg wäre eine Schenkung, denn Freibeträge können alle zehn Jahre erneut in Anspruch genommen werden. Dadurch ist es sinnvoll, schon zu Lebzeiten Schenkungen vorzunehmen, um den Erben eine steuerliche Belastung zu ersparen. Doch die Erfahrung zeigt, dass dieser Schritt gut vorbereitet und überlegt sein sollte.

Heftigste Diskussionen gibt es derzeit noch über Firmenerben: Wirtschaftsverbände und nun auch Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein laufen dagegen Sturm: Es sei "völlig indiskutabel", dass Firmenerben den übernommenen Betrieb vor einer Veräußerung 15 Jahre weiterführen müssten, um in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen, sagte Beckstein. Hier scheint es am ehesten noch Änderungsbedarf zu geben. Auch Bundeskanzlerin Merkel hat "Nachbesserungsmöglichkeiten" angedeutet. Eine Neuregelung ist nötig, weil das Bundesverfassungsgericht die jetzige Regelung für verfassungswidrig erklärt hat.

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