Schon mal an Bonsai gedacht?

Gartengehölze müssen den veränderten Grundstücksgrößen angepasst werden. Klein, kleiner, Bonsai könnte die logische Folge immer geringerer Quadratmeterzahlen im Gartenbereich lauten. Doch wer sich für die japanische Kulturform der charakterstarken Bäume entscheidet, sucht mehr als eine Gehölzvariante bei Platzproblemen, wie ein Besuch bei einem Bonsai-Freund in Schweich zeigt.

 Friedhelm Meier hat eine Vorliebe für Freiland-Bonsai. Zum Überwintern nimmt er die Miniaturbäume, wie hier die Bonsai-Platane, aus der Schale und schlägt sie im Garten ein. TV-Foto: Kathrin Hofmeister

Friedhelm Meier hat eine Vorliebe für Freiland-Bonsai. Zum Überwintern nimmt er die Miniaturbäume, wie hier die Bonsai-Platane, aus der Schale und schlägt sie im Garten ein. TV-Foto: Kathrin Hofmeister

Foto: Kathrin Hofmeister (kf) ("TV-Upload Hofmeister"

Vor dem Kauf eines Hausbaums sollte man sich über Jahreszuwachs und endgültige Höhe informieren. Bäume sehen beim Kauf im Pflanzcontainer klein aus, werden aber schnell groß und sprengen dann häufig den Rahmen eines Privatgartens.
Friedhelm Meier aus Schweich kann das nicht passieren. Er hat 15 Bonsai (Extra). Die "Bäume in der Schale" sind perfektionierte Miniaturausgaben ihrer Artgenossen in der Natur. "Ich ziehe überwiegend Freilandbonsai von Gehölzen, wie sie bei uns vorkommen", sagt der ehemals in leitender Funktion bei der Deutschen Bundesbank tätige Pensionär und stellt eine Lärche zur näheren Betrachtung auf den Gartentisch. Ein Drittel Stamm, zwei Drittel Krone in Dreiecksform - so präsentiert sich das ästhetisch durchgeformte achtjährige Nadelgehölz.
Im nahen Meulenwald würde eine Lärche in vergleichbarem Alter vier Meter in die Höhe ragen. Hier sieht der 50-Zentimeter-Zwerg bereits wie ein fertiger Baum aus. Ein Bonsai müsse Charakter haben, meint Meier und holt wie zum Beweis eine Sommerlinde hervor. Das Glanzstück der Sammlung mit dem knorrig aufplatzenden Stamm ist bereits 42 Jahre alt.
Um solch faszinierenden Miniaturbaum in die gewünschte Form zu bringen, sind spezielle Kulturtechniken nötig. "Zwei der wichtigsten sind die Begrenzung des Wurzelraumes durch die Schale und der regelmäßige Wurzelschnitt", erläutert Meier. Für die meisten Formen böten sich flache Schalen an. "Diese müssen unbedingt ein Abzugsloch haben", sagt der Bonsai-Hobbygärtner, "damit die Pflanze auch bei einem Dauerregen nicht in ihrer Schale ertrinkt". Während der Saison werden die dekorativen Stücke fast täglich gewässert.
Vom Grundschnitt über den Erhaltungsschnitt bis zum Drahten, ist der Bonsai ein Gehölz, das individuell gestaltet wird. 15 verschiedene Grundformen haben die Japaner entwickelt. Darunter sind neben "streng- oder frei aufrechtem" Wuchs raffinierte Formen wie "Kaskaden" oder "windgepeitschte" Bäume, die aussehen, als seien sie an einer exponierten Stelle auf den Höhenrücken der Eifel ständigem Wind ausgesetzt.
Die Feinheiten werden im ständigen Betrachten jedes einzelnen Bäumchens herausgearbeitet. "Das ist das Schöne an der Bonsaikultur", meint Meier: "Man beschäftigt sich viel intensiver mit dem Apfelbäumchen oder dem Wacholder als mit anderen Pflanzen, weil man immer überlegt, wie man sie perfektionieren kann". Dahinter steckt eine ganze Lebenseinstellung. Während Meier in der Saison fast jeden Tag mit seinen Bonsai beschäftigt ist, beginnt Ende November eine viermonatige Freizeit. Mit den ersten Frostnächten nimmt er Mädchenkiefer & Co. aus der Schale und schlägt sie zur Überwinterung im Beet ein. Im März werden die Bonsai mit etwas neuer Bonsai-Erde zurück in ihre Schale gesetzt. Dann laden sie wieder zum Staunen darüber ein, wie viel Baum auf kleinstem Raum möglich ist.

Extra

Bonsai kommt aus dem Japanischen. Es setzt sich aus "bon" für Tablett oder Schale und "sai" für Baum oder Pflanze zusammen. Die Ursprünge der Bonsai-Kultur reichen bis in vorchristliche Zeit in China zurück. Chinesische Landschaftsgestalter formten Felsengärten in Miniaturformat. Darin spielten Bäume eine zentrale Rolle. Buddhistische Mönche brachten die kleinen Bäume vermutlich vor mehr als 1000 Jahren nach Japan, wo sich eine eigene Bonsaikultur entwickelte. In den 1980er Jahren wurden Bonsai als Freizeitvergnügen auch in Deutschland bekannt. kfExtra

Bis zu einer Höhe von 70 Zentimetern spricht man von Bonsai. Prinzipiell lassen sich fast alle Gehölze, die in unseren Breiten wachsen, zu einem Bonsai gestalten. Die eigene Anzucht aus Samen oder Sämlingen erfordert viel Geduld. Mit bereits vorgezogenen Pflanzen, wie sie in vielen Gartencentern angeboten werden, "kauft man sich Zeit". Das hat seinen Preis. Der Wert eines Bonsai bemisst sich nach dem Alter und der harmonischen sowie naturgetreuen Erscheinungsform der gesamten Pflanze einschließlich Schale. Trotz aller Gestaltungsmaßnahmen sind die Miniaturbäume äußerst vital, werden so gut wie nie von Schädlingen befallen und können bei guter Pflege leicht über 100 Jahre alt werden. kf

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