Unterrichtsausfall bleibt ein Problem

Alle Jahre wieder das gleiche Prozedere: Die eine Seite lobt, die andere tadelt. Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) sieht eine "gute Unterrichtsversorgung" bei den 1600 allgemeinbildenden Schulen im Land. Verbände beurteilen die Lage anders und beklagen, es fehlten zahlreiche Lehrer.

Mainz. (fcg) Ministerin Doris Ahnen stellte am Montag in Mainz bei der Vorlage der Schulstatistik 2008/09 heraus, es seien für das laufende Schuljahr 865 Lehrerstellen neu besetzt worden. 220 Stellen davon seien sogar neu geschaffen worden. Zusätzlich werde 76 Hochschulabsolventen mit anderer Ausbildung die Chance geboten, über das "Seiteneinsteigerprogramm" an den Schulen zu lehren. Die strukturelle Unterrichtsversorgung belaufe sich auf 98,3 Prozent und verbessere sich geringfügig gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte. Ahnen wies darauf hin, bei Problemen vor Ort stehe die Schulaufsicht zur Verfügung.

Probleme sieht die Ministerin weiterhin auf dem Bewerbermarkt. "Die Situation hat sich leider nicht entschärft." Vor allem in naturwissenschaftlichen Fächern fehlten Lehrer. Das sei aber bundesweit so. Ein Hoffnungsschimmer seien steigende Studierendenzahlen, "wobei man nie weiß, ob die Absolventen nicht später lukrativere Angebote der freien Wirtschaft annehmen".

Nicht so rosig wie die Ministerin sehen andere Institutionen die Situation. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) legt eine eigene Schnell erhebung des Unterrichtsausfalls im Land vor. Demzufolge beurteile das Ministerium die Lage bei den Förderschulen und den Realschulen deutlich zu positiv. Ein Gesamt-Versorgungsgrad von 98,3 Prozent sei "kein Grund, stolz zu sein", sagt der Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer. "Es muss deutlich mehr getan werden." Notwendig sei eine Personalreserve an den Schulen, um Krankheitsfälle von Lehrern oder Ausfälle durch Klassenfahrten auffangen zu können.

"Katastrophaler Fachlehrermangel"



Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) beklagt, die Schulstatistik verschleiere den normalen Alltag des Unterrichtsausfalls. 1000 Lehrerstellen würden fehlen. 220 neue Stellen seien "nur ein Tropfen auf dem heißen Stein", sagt der Landesvorsitzende Johannes Müller. Akut auftretende Engpässe an den Schulen, zum Beispiel durch Krankheit, würden nicht berücksichtigt.

Ähnlich äußert sich der Verband deutscher Realschullehrer (VDR). Der Vorsitzende Bernd Karst kritisiert, 2,5 Prozent des Unterrichts würden "planmäßig" ausfallen. Der Start der Realschule plus im kommenden Jahr werde "gleich mit einem Defizit bei der Unterrichtsversorgung belastet". Mittelfristig sei ein "katastrophaler Fachlehrermangel insbesondere für die Fächer Physik und Mathematik zu fürchten". Das verlange "eine Nachwuchsinitiative".

Harsche Kritik kommt derweil von der Opposition im Landtag. Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Josef Keller, wirft Ministerin Ahnen vor, "den Unterrichtsausfall weiterhin systematisch zu verschleiern". Es fehlten 800 Vollzeitlehrerstellen. Die Folge sei ein inakzeptabel hoher struktureller Unterrichtsausfall. Die Lage verschärfe sich, wie die bisherigen Ergebnisse einer Internetumfrage der CDU ( www.unterrichtsausfall-rlp.de) zeigen würden.

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