Viel öfter den Stecker ziehen

Trotz aller Sparappelle und technischer Verbesserungen nimmt der Stromverbrauch in Deutschland stetig zu. Allein in den vergangenen zehn Jahren verzeichnete die Elektrizitätswirtschaft einen Anstieg um 18 Prozent.

Berlin. Nach einer Studie des Fachverbandes Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) wird der Trend zu höherem Stromverbrauch auch bei einer deutlich verbesserten Effizienz der Stromnutzung anhalten. Bis 2025 rechnen die Experten mit einer effektiven Zunahme des Verbrauchs um knapp 30 Prozent. Dagegen hält die Bundesregierung im Rahmen ihres Klimaschutzprogramms eine langfristige Senkung des Stromverbrauchs um 20 Prozent für möglich.Mehr Wärmepumpen, mehr Strombedarf

Ein Grund für die deutlich pessimistischere Einschätzung der Elektrobranche ist die steigende Anzahl der genutzten Elektrogeräte. Das betrifft nicht nur die wachsende Ausstattung der Haushalte mit Computern oder Fernsehern. Der steigende Bedarf resultiere auch aus der zunehmenden Ablösung von Öl- oder Gasheizungen durch Wärmepumpen, die einen elektrischen Antrieb benötigten. Berücksichtigt werden müssten auch neue Anwendungen wie etwa der verstärkte Einsatz von Klimaanlagen. Käme es dabei nicht zu deutlichen Effizienzsteigerungen, würde der Strombedarf bis 2025 sogar um über 60 Prozent steigen, so die Prognose des VDE. Etwa die Hälfte des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland geht auf die Industrie zurück. Jeweils rund ein Viertel entfallen auf den Dienstleistungsbereich und die privaten Haushalte. Letztere könnten vor allem durch modernste Heizungsanlagen sparen. So verbrauchen elektronisch geregelte EC-Heizungspumpen bis zu 50 Prozent weniger Energie als die üblichen Standardpumpen. Gegenüber noch älteren Anlagen liegt der Effizienzgewinn sogar bei 70 Prozent. Die Mehrkosten von EC-Motoren machen sich laut VDE schon nach zwei Jahren ihrer Nutzung bezahlt, was den Verbrauchern beim Kauf aber nicht transparent gemacht werde. Weitere Reserven liegen in der Verringerung des sogenannten Stand-by-Verbrauchs. Gerade in den Privathaushalten stehen viele Elektrogeräte mit einem entsprechenden Bereitschaftsmodus. Nach Angaben des VDE können Fernseher und Hifi-Anlagen über die gesamte Laufzeit im Stand-by-Betrieb mehr Strom "fressen" als durch ihre tatsächliche Nutzung. Häufig fehlt der Schalter

Häufig fehlt bei den Anlagen ein Schalter, der die Stromzufuhr unterbricht. Ein wirksames Mittel dagegen sind abschaltbare Steckdosenleisten. Der Stromverbrauch der Geräte könne dadurch um bis zu 77 Prozent sinken. Nach Berechnungen des VDE ließen sich unter dem Strich bis zu zwei Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland einsparen, wenn die Verbraucher weitgehend auf den Stand-by-Modus verzichten würden. Das Bundesumweltministerium bekräftigte indes noch einmal die Zielvorgabe, den Stromverbrauch langfristig um ein Fünftel zu reduzieren. "Es gibt zahlreiche andere Studien, nach denen im Strombereich zwanzig bis 25 Prozent Einsparung drin sind", sagte Umweltstaatssekretär Michael Müller unserer Zeitung. Schon heute könnten sieben Großkraftwerke vom Netz genommen werden, wenn alle Haushalte besonders energiesparende Elektrogeräte nutzen würden, erklärte der SPD-Politiker.

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