Wellness vom Wasserdoktor

Beim Namen Kneipp denkt jeder an etwas anderes. Ob Wassertreten oder Kräutertee, Schonkost oder Wandern — viele gesunde Dinge werden dem Pfarrer aus Bayern zugeschrieben. Dabei empfahl er zunächst vor allem Wasseranwendungen.

Berlin/Bad Wörishofen. Während es früher vor allem die klassische Kneippkur war, die Neulinge mit den Lehren des "Wasserdoktors" vertraut machte, spielen seine Erkenntnisse heute wieder eine stärkere Rolle in Wellness-Anwendungen und Vorsorgeprogrammen. "Kneipp erlebt eine kleine Renaissance", sagt Christoph Menne vom Deutschen Medical Wellness Verband in Berlin. Suche nach den Ursprüngen

Ein Grund sei vermutlich die Suche vieler Menschen nach Ursprüngen. "Die Wasserbehandlungen von Kneipp sind ja die Grundlage für viele andere Anwendungen." Auch sind die Anwendungen recht einfach: Der ehemalige Handwerksgeselle, der als 27-Jähriger ein Theologiestudium begann, erkrankte schwer an der Lunge. Durch Tauchbäder in der eiskalten Donau bei Dillingen heilte er sich selbst — und leitete daraus eine Heilmethode ab, die auf Wärme- und Kältereize setzt, erläutert Prof. Jürgen Kleinschmidt von der Universität München. Diese "Thermotherapie" durch kurze Reize führt laut Kleinschmidt dazu, dass die Blutgefäße sich zusammenziehen und wieder erweitern — das stärkt den Kreislauf. Wechselgüsse von Kopf bis Fuß

Eine andere Anwendung sind Wechselgüsse. Rund 120 verschiedene Varianten unterscheiden Kneipp-Jünger — vom Schenkelguss bis zum Gesichtsguss. Die Durchblutung wird angeregt, verkrampfte Muskeln sollen sich entspannen. Auch beim "Wassertreten" in kniehoch gefüllten Kaltwasser-Becken ziehen sich die Adern der Beine zusammen. "Das ist gut für Menschen mit Venenproblemen, weil die Venenklappen in Gang kommen", sagt Kleinschmidt. Fünf Elemente unterscheidet beispielsweise der Kneipp-Bund, der noch immer in Kneipps Wirkungsort Bad Wörishofen (Bayern) ansässig ist und rund 160 000 Mitglieder vertritt. Neben der Wassertherapie sind dies maßvolle Bewegung, eine gesunde Ernährung, Kräutermedizin und die sogenannte Ordnungstherapie, die auf seelische Ausgeglichenheit setzt. "Kneipp sagte, was eigentlich jeder Pfarrer oder Hausarzt sagt: Bleiben Sie ruhig, gehen Sie früh ins Bett und so weiter", sagt Kleinschmidt. Später wurde die Lehre immer weiter ausdifferenziert, es entstanden spezielle Qualifikationen wie die Kneipp-Bademeister oder die Kneipp-Ärzte. Noch heute gibt es laut Kleinschmidt bundesweit rund 70 Kneipp-Kurorte. Nach einem starken Rückgang von Kuren setzt man allerdings seit einigen Jahren verstärkt auf Wellness, sagt Monika Siegl vom Kneipp-Institut in Bad Wörishofen. So wurde im Herbst 2007 das erste Hotel zertifiziert, das Kneipp — eine als Marke geschützte Bezeichnung — als Medical-Wellness-Anwendung anbietet. "Wir wollen damit vor allem Familien begeistern", sagt Siegl. Intensivere Arbeit mit Kindern

Auch der Kneipp-Bund setzt auf Modernisierung: "Natürlich ist jeder Verein selbstständig, und da gibt es bisweilen auch Angebote wie Yoga und Nordic Walking", sagt Sprecherin Evamarie Subhi. Neue Trends seien daher schon immer integriert worden, nach dem Motto: "Was gesund ist, gut tut und dazu passt". Intensiviert worden sei die Arbeit mit Kindern: So gebe es bundesweit mittlerweile 134 Kneipp-Kindergärten. Zum Standard gehört dort beispielsweise ein Kräutergarten. Außerdem sollen die Kinder bewusst die Jahreszeiten erleben und lernen, sich selbst gesunde Mahlzeiten zuzubereiten. Weitere Informationen im Internet: www.kneipp-bund.de, www.kneipp-institut.de

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