Vorsorge Wer gesund lebt, schützt sich besser vor Krebs

Wer sich richtig ernährt und Sport treibt, fühlt sich wohl und verringert das Risiko, an Krebs zu erkranken. Das belegen wissenschaftliche Studien. Aber auch für Krebspatienten sind Ernährung und Bewegung von großer Bedeutung, wenn es darum geht zu überleben.

 Bewegung ist auch in der Nachsorge wichtig. Ingrid Döring leitet die Frauen der Krebssportgruppe des Polizeisportvereins Wengerohr an. Die Betroffenen wollen aber nicht erkannt werden. TV-Foto: Holger Teusch

Bewegung ist auch in der Nachsorge wichtig. Ingrid Döring leitet die Frauen der Krebssportgruppe des Polizeisportvereins Wengerohr an. Die Betroffenen wollen aber nicht erkannt werden. TV-Foto: Holger Teusch

Foto: Holger Teusch (g_mehrw

Körperliche Bewegung stimuliert das Immunsystem, deshalb beugt Sport nicht nur Erkältungen vor, sondern reduziert auch das Risiko, an Krebs zu erkranken. In einer gemeinsamen Studie haben die Deutsche Sporthochschule Köln und die Universität der Domstadt nachgewiesen, dass sich intensives Ausdauertraining positiv auf die körpereigene Tumorabwehr von Krebspatienten auswirkt.Den Krebs besiegen


"Unsere Studienergebnisse zeigen, dass Patienten mit einer guten Fitness mehr natürliche Killerzellen haben, um die Krebsabwehr zu verstärken", berichtet Professor Wilhelm Bloch von der Sporthochschule im Gespräch mit der Stiftung Deutsche Krebshilfe. Deren Vorsitzender Gerd Nettekoven betonte anlässlich der Veröffentlichung eines kostenlosen Ratgebers zu diesem Thema, Bewegung und Sport bei Krebs sei wie ein Medikament ohne Nebenwirkungen.
Eine solche Aussage kann auch Holger Jungandreas unterschreiben. Der gelernte Diplomsportlehrer und Geschäftsführer des Vereins für Herzsport und Bewegungstherapie Trier ist unermüdlich, wenn es darum geht, Menschen von den positiven Effekten regelmäßiger Bewegung zu überzeugen. "Bewegung ist ein Krebskiller", sagt Jungandreas.Langsamer Einstieg


Vor allem bei Brustkrebs-, Darm- und Prostatakrebs ist eine Reduzierung des Erkrankungsrisikos um 20 bis 30 Prozent nachgewiesen. 30 Minuten Aktivität an mindestens fünf Tagen in der Woche nennt der Wissenschaftsjournalist Jörg Blech in seinem Buch "Heilen mit Bewegung" als das Mindestmaß. Holger Jungandreas, der sich auch für die Krebsgesellschaft Rheinland-Pfalz (Deutsche Krebsgesellschaft) engagiert, sieht aber bereits bei 1,5 Stunden Bewegung pro Woche einen gesundheitlichen Benefit.
"Wichtig ist es, dass wir zu Beginn nicht von Sport sprechen." Denn wenn Leistungsdruck entstehe, hebe das den positiven Effekt der Bewegung wieder auf. "Intensiver Sport ist tatsächlich effektiv, aber wer schafft das, wenn er krank ist?"
So empfiehlt er Gesunden einen langsamen Einstieg in ein bewegteres Leben. Seine Tipps: 10 000 Schritte täglich, eine Station früher aus dem Bus zu steigen oder die Treppe statt den Fahrstuhl zu nehmen. Nach vier Wochen könne dann ein Training beginnen. "Im Grunde bräuchte jeder Patient für sich einen individuellen Gesundheitscoach, das wäre ideal", sagt der Diplomsportlehrer. Krebspatienten empfiehlt Jungandreas besonders die Teilnahme an speziellen Bewegungsgruppen, die von vielen Krankenhäusern und zum Beispiel auch vom Polizeisportverein Wengerohr (Kreis Bernkastel-Wittlich) organisiert werden. "Sport in der Krebsnachsorge" ist dort der nüchterne Titel für ein Angebot, das überwiegend von Frauen wahrgenommen wird.
"Ich bin seit zwei Jahren beim Rehasport, und es macht mir einfach Spaß", sagt die Brustkrebspatientin Lisa N. (Name geändert), die sich dank der regelmäßigen Bewegung einfach besser fühlt. "Es wird nie langweilig, vor allem aber fühle ich mich hier durch den Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen verstanden."
Neben der körperlichen Fitness ist es vor allem der positive Effekt auf die Psyche, der regelmäßige Bewegung so wertvoll macht. Das Laufen oder Joggen in freier Natur, sagt Holger Jungandreas, sei dabei als Ganzkörpersport unschlagbar. "Und wer läuft, bekommt auch ein besseres Bewusstsein für eine gute Ernährung."
Das ist ein weiterer Aspekt, der in der Vorsorge ebenso wie in der Therapie und Nachsorge eine sehr wichtige Rolle spielt. "75 bis 80 Prozent aller menschlichen Krebsarten werden durch die Umwelt verursacht", sagt Dr. Ali Reza Waladkhani, Koordinator des onkologischen Zentrums am Mutterhaus der Borromäerinnen. "Ernährungsfehler werden für etwa 35 Prozent aller Krebsfälle verantwortlich gemacht." Von 500 000 Neuerkrankungen in jedem Jahr in Deutschland ließen sich demnach 175 000 durch richtige Ernährung vermeiden.
Wie eine solche Ernährung zur Prävention, aber auch während und nach einer Behandlung aussehen könnte, beschreibt Waladkhani gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Michael Clemens in zwei Büchern ("Ernährung zur Vorbeugung bei Tumorerkrankungen" und "Ernährung - Wirkfaktor für Krebs") .Viel pflanzliche Kost


Demnach spielt bei der Krebsentstehung ein zu großer Anteil tierischer Lebensmittel und zu wenig pflanzliche Kost die entscheidende Rolle. Zusätzliche Faktoren sind hoher Alkoholkonsum, Übergewicht, Rauchverhalten und körperliche Inaktivität. "Vor allem in den pflanzlichen Nahrungsmitteln kommen Mi- kronährstoffe vor, die einen entscheidenden Schutz gegen bösartige Tumorerkrankungen bieten", sagt Ernährungswissenschaftler Waladkhani. "Obst und Gemüse sowie zahlreiche Kräuter und Pflanzen mit verschiedenen pharmakologischen Eigenschaften versorgen den Organismus mit Mikronährstoffen. Diese haben das Potenzial, einer Krebsentstehung entgegenzuwirken."
Welchen Einfluss haben Gene auf Krebserkrankungen? Antworten auf diese Frage finden Sie im nächsten Teil unserer Serie am Montag. Alle bisherigen Serienteile und weitere Informationen: www.volksfreund.de/krebsExtra

Krebsexperten aus ganz Europa haben bereits 1987 den sogenannten Europäischen Kodex zur Krebsprävention zusammengestellt. Durch möglichst einfache Regeln soll jedem die Chance gegeben werden, sein eigenes Krebsrisiko so gering wie möglich zu halten. Mittlerweile enthält der Kodex zwölf Regeln zur Prävention und Früherkennung von Krebs: Rauchen Sie nicht. Verwenden Sie keinerlei Arten von Tabak (auch keinen Kau- oder Schnupftabak). Leben und arbeiten Sie in einer rauchfreien Umgebung. Halten Sie ein gesundes Körpergewicht. Bewegen Sie sich täglich. Üben Sie so wenig wie möglich Tätigkeiten im Sitzen aus. Ernähren Sie sich ausgewogen und gesund: Essen Sie viel Getreide, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Trinken Sie wenig hochkalorische zuckerhaltige Getränke. Halten Sie den Anteil an verarbeitetem Fleisch, rotem Fleisch und salzhaltigen Speisen in Ihrer täglichen Ernährung gering. Begrenzen Sie Ihren Alkoholkonsum. Schützen Sie Kinder und sich selbst vor der Sonne. Schützen Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz vor krebserregenden Stoffen. Halten Sie die Belastung durch Radon zu Hause gering. Für Frauen: Stillen schützt vor Brustkrebs, stillen Sie deshalb Ihr Baby, wenn Sie können. Wenden Sie eine Hormonersatztherapie gegen Wechseljahresbeschwerden nur maßvoll an. Lassen Sie Ihre Kinder gegen Hepatitis B (Neugeborene) und HPV (Mädchen) impfen. Gehen Sie regelmäßig zur Krebsfrüherkennungsuntersuchung. redExtra

Die blauen Ratgeber sind eine gemeinsame Broschürenserie der Stiftung Deutsche Krebshilfe und der Deutschen Krebsgesellschaft, die sich an Betroffene, Angehörige und Interessierte richtet. Die Broschüren dieser Reihe sind kostenlos anzufordern. Sie informieren über verschiedene Krebsarten und übergreifende Themen der Krankheit. Die blauen Ratgeber geben Antworten auf medizinisch drängende Fragen, sie bieten konkrete Hilfen für die Bewältigung der Erkrankungen an und zeigen Perspektiven auf für ein Leben mit und nach Krebs. Die Broschüren können im Internet bestellt werden unter www.krebshilfe.de

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