Überversorgt statt überbezahlt

Die Bundestagsabgeordneten haben sich einen kräftigen Gehaltszuschlag genehmigt. Das mag viele Menschen empören. Zur Versachlichung der Debatte sei jedoch angemerkt, dass die Bundesverfassungsrichter dem Parlament aufgetragen haben, ihr Salär im angemessenen Rahmen selbst festzulegen.

Die Orientierung an den Bezügen von Bundesbeamten und Bürgermeistern geht dabei in Ordnung. Denn die Verantwortung der Volksvertreter ist mit diesen Berufsgruppen durchaus vergleichbar. Klar sollte auch sein, dass der Abgeordnete ein ordentliches Einkommen haben muss, um vor Lobby-Interessen aller Art gefeit zu sein. Um es deutlich zu sagen: Auch durch die erste Diätenerhöhung seit vier Jahren ist ein Bundestagsabgeordneter nicht überbezahlt - wohl aber überversorgt. Denn da steckt das eigentliche Problem. Anstatt seine üppigen Pensionsansprüche gründlich abzuspecken, hat das Berliner Parlament lediglich an Schönheitsreparaturen gewerkelt. Das realitätsfremde Grundprinzip, je länger im Bundestag, desto früher winkt die Pension, bleibt so gut wie unangetastet: Künftig dürfen Parlamentarier "erst" mit 57 in den Ruhestand treten, anstatt wie jetzt mit 55. Und selbst dieses Reförmchen gilt nur für politische Neueinsteiger. Die amtierenden Parlamentarier genießen Bestandschutz. Das ist ein Skandal erster Güte. Jedem Bundestagsabgeordneten müsste die Schamröte ins Gesicht steigen, wenn er die Rente mit 67 verteidigt. Für die Anhebung des Renteneintritts-Alters gibt es plausible demografische Gründe. Doch warum gilt das nicht für Abgeordnete? Der ganzen Neid-Diskussion ließe sich am besten begegnen, würden sie genauso in die Rentenkasse einzahlen wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Diese Chance hat der Bundestag verpasst. Über das öffentliche Echo braucht er sich nicht zu beklagen. nachrichten.red@volksfreund.de

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