91 Euro mehr

Berlin . Eine Überraschung war der vierseitige Vorschlag nicht mehr, den Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gestern an die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag verschickte.

Erstens waren seine Diäten-Pläne schon vor einigen Tagen durchgesickert; und zweitens gab es vorab mehrere, durchaus kontroverse Gespräche mit den Spitzen der Fraktionen, in denen der Präsident sein Vorgehen ausgelotet hatte. Dennoch: Die Luft aus dem Reizthema Abgeordneten-Bezüge ist noch lange nicht heraus. Er habe keinen Zweifel, betonte Lammert, dass sein Vorschlag "zu Diskussionen" führen werde. Geht es nach dem Bundestagspräsidenten, der gesetzlich dazu verpflichtet ist, innerhalb der ersten sechs Monate einer Legislaturperiode einen Gesetzesvorschlag "zur Anpassung der Abgeordnetenentschädigung" zu machen, beträgt die "Gehaltserhöhung" für die Parlamentarier in diesem Jahr 91 Euro. Bis 2009 soll der Anstieg der Diäten an die Entwicklung der durchschnittlichen Erwerbseinkommen gekoppelt werden. Also steigen die Entschädigungen in diesem Jahr voraussichtlich ab Mai um 1,3 Prozent von 7009 auf 7100 Euro pro Monat. Bis zum Ende der Legislaturperiode 2009 soll nach Lammerts Vorstellungen jeweils das Statistische Bundesamt den jährlichen Veränderungssatz mitteilen. So weit, so gut. Der Präsident hofft nun, dass die grundsätzliche Debatte über die Diäten langsam wieder versiegt, weil der Bundestag nicht jedes Jahr neu über eine Anpassung entscheiden muss. Die aktuelle Diskussion muss Lammert allerdings noch aushalten: Der Vorschlag sei "gut", meinte Unionsfraktionschef Volker Kauder. Das System der Abgeordnetenbezüge habe sich "im Grundsatz bewährt". Kauder ist ein Verfechter des Status quo, dem es bei der Bezahlung auch um die Bedeutung des Mandats und des Parlamentarismus insgesamt und weniger um öffentliche Zustimmung geht. SPD-Fraktionschef Peter Struck trat demgegenüber gestern auf die Bremse: Seine Fraktion werde den Vorschlag "in Ruhe beraten", meinte Struck. Grundsätzlich will er ebenso die Diäten anpassen, weil es seit 2003 keine Erhöhung mehr für die Abgeordneten gegeben hat. Beratungsbedarf sahen die Grünen, ablehnend äußerten sich Linkspartei und FDP. Das ganz heiße Eisen, um das sich die meisten Abgeordneten am liebsten herumdrücken würden, will aber auch Lammert noch nicht anpacken: Das ist eine umfassende Strukturreform der Abgeordnetenbezüge, die insbesondere die Altersversorgung auf den Prüfstand stellt. Laut Lammert könne eine Neuregelung, die nicht rückwirkend sein kann, erst zu Beginn der nächsten Wahlperiode in Kraft treten. Weil Kandidaten für den Bundestag die Bedingungen kennen müssten, zu denen sie ins Parlament gehen.

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