Absurdistan beim "Barras"

In der Politik gibt es mehrere Arten von Dementis: glaubwürdige, schwammige und solche, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie verbreitet werden. Zur letzten Kategorie zählen die gestrigen Verlautbarungen aus dem Hauptquartier des Bundesverteidigungsministeriums.

Natürlich halte Peter Struck an der Wehrpflicht fest, alle anderen Schlussfolgerungen seien absurd, kommentierte dessen Sprecher Norbert Bicher Medienberichte über angebliche Berufsarmee-Gedankenspiele im Planungsstab des Ministers. Absurd sind allenfalls die seit Monaten gleich lautenden Äußerungen aus der Struck-Behörde; denn die Realität hat sie längst Lügen gestraft. Zuletzt Ende April. Da bescheinigte ein Kölner Verwaltungsgericht der deutschen Einberufungspraxis, sie sei ungerecht und damit rechtswidrig. Der auf der Hand liegende Grund: Nicht einmal die Hälfte aller wehrdienstfähigen Männer wird tatsächlich noch eingezogen; Verheirateten, Männern über 23 oder eingeschränkt Tauglichen bleibt der "Bund" prinzipiell erspart. Mit Wehrgerechtigkeit hat die Einberufungspraxis längst nichts mehr zu tun, sie ist reine Willkür. Muss demnächst weiter vorselektiert werden, weil die Bundeswehr noch weniger Wehrpflichtige benötigt, müssen wahrscheinlich auch Plombenträger oder Männer mit Ohrring nicht mehr zum Bund. Absurdistan beim "Barras". Höchste Zeit, dass die Politik diesem Unsinn ein Ende setzt und die de facto bereits abgeschaffte Wehrpflicht endgültig beerdigt. r.seydewitz@volksfreund.de

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