Allzu blauäugig

Wer eine neue Ware einführen will, der braucht vor allem zwei Dinge: ein marktfähiges Produkt und das nötige Kleingeld für die anfängliche Durststrecke. Beides hat im Fall Trier Plus gefehlt. Das Produkt lokales Privatfernsehen mag zwar Zuschauern und regionalen Größen gefallen, doch zum Überleben eines Unternehmens reicht das nicht aus. Ohne die entsprechenden Einnahmen - und die können nur aus dem Verkauf von Werbezeiten kommen - ist ein ambitioniertes regionales Programm samt der dazugehörigen Infrastruktur nicht zu finanzieren. Gewiss waren die Startbedingungen der Trier Plus-Verantwortlichen vor knapp anderthalb Jahren nicht die besten: Sie gingen zu einem Zeitpunkt auf Sendung, als wegen der wirtschaftlichen Flaute in Deutschland die Werbebudgets der Unternehmen kräftig abgespeckt wurden. Zudem zahlten nicht alle Fernseh-Gesellschafter die zugesagten Einlagen. All dies mag den Sender ins Trudeln gebracht haben, das Genick aber hat es ihm nicht gebrochen. Kommerzielles Privat-Fernsehen ist schon in Ballungsräumen kaum refinanzierbar - und erst recht nicht in einer eher strukturschwachen und dünn besiedelten Region wie Trier. Diese bittere Erfahrung machten vor neun Jahren bereits die Macher von "Fit" (Fernsehen in Trier), sie machen jetzt die allzu blauäugigen Trier Plus-Initiatoren, und sie macht auch der Trierer Insolvenzverwalter Oliver Brand. Seine Gespräche mit potenziellen Investoren verliefen im Sande, sein gemeinsam mit einem Unternehmensberater entwickeltes Sanierungskonzept kam über vollmundige Ankündigungen nie hinaus, und seine Spendenaufrufe brachten nur "Peanuts". Am Ende gehen die Gläubiger leer aus. Und die Trier Plus-Mitarbeiter stehen auf der Straße. Das ist das eigentlich Tragische an dem gescheiterten Versuch, ein neues Produkt auf dem Markt zu platzieren. r.seydewitz@volksfreund.de

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