Am falschen Ende gespart

Die Gesundheitsreform ist einseitig und kennt eindeutige Verlierer: Patienten, sozial Schwache und chronisch Kranke. Absolut fatal wird es, wenn sich diese drei Gruppen überschneiden - etwa in der Person des Sozialhilfeempfängers. Hier kann die parteiübergreifende Gesundheitsreform-Truppe nicht einfach darauf setzen, dass sich alles mit der Zeit einspielen wird. Es muss nachgebessert werden. So richtig Praxisgebühr und Medikamentenzuzahlung im Grundsatz sind, so falsch ist es, alles über einen Kamm scheren zu wollen: Für Sozialhilfeempfänger sollten die zusätzlichen Belastungen gestrichen werden. Sparpolitik setzt im Gesundheitsbereich gerade bei ihnen am falschen Ende an. Seit langem ist unbestritten, das es zwischen Armut und Gesundheit einen verhängnisvollen Zusammenhang gibt. Lebensumstände, Ernährung und mangelhaft ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein sorgen bei sozial Schwachen ohnehin entscheidend mit dafür, dass Armut krank macht. Mit der Gesundheitsreform bestätigt sich letztlich für sie, dass Krankheit auch arm machen kann. Dieses Armutszeugnis sollte sich das immer noch reiche Deutschland nicht selbst ausstellen. Die Erfahrungen mit Praxisgebühren in anderen Ländern haben gezeigt, dass dort die Verlagerung von Kosten gerade bei älteren und Randgruppen zwar vordergründig zu weniger "Nachfrage” geführt hat. Am Ende folgte jedoch eine steigende Zahl teurerer medizinischer Versorgung. Mit den unbehandelten Leiden stiegen so auch die Kosten. Ganz zu schweigen von dem Verlust an Lebensqualität für die Betroffenen. j.winkler@volksfreund.de

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