Amtsinhaber? Menschenfischer?

Der herzliche Empfang und der Jubel über die ersten spontanen Gesten Benedikts XVI. auf heimischem Boden sind Momentaufnahmen eines historischen Ereignisses, an das sich große Erwartungen knüpfen.

Der herzliche Empfang und der Jubel über die ersten spontanen Gesten Benedikts XVI. auf heimischem Boden sind Momentaufnahmen eines historischen Ereignisses, an das sich große Erwartungen knüpfen.Dabei tritt in den Hintergrund, was mit deutschen Würdenträgern in vatikanischer Diplomatie so alles besprochen und verlautbart werden wird. Als Maßstab dieser Papstreise gilt ganz klar der Weltjugendtag - ein Erbe des Amtsvorgängers Johannes Paul II. Nur Zufall? Auf dieses Großereignis richten sich jedenfalls alle Erwartungen. Was der Papst den jungen Menschen sagt, könnte zum Gradmesser dafür werden, was die Welt insgesamt von dem neuen Oberhaupt der katholischen Kirche zu erhoffen oder zu befürchten hat.

Ein gutes Signal - in Köln bereits frenetisch beklatscht - ist die Ankündigung Benedikts XVI., auch zuhören und von den jungen Leuten etwas mitnehmen zu wollen. Gilt das auch umgekehrt?

Gut zuhören ist in jedem Fall angesagt. Bei dem fröhlichen Massen-Event könnten die eher leiseren Töne untergehen - vor allem dann, wenn in trügerischer Hoffnung nur auf Aussagen zur Sexualmoral, zum Frauenpriestertum und zu anderen landläufigen Streitthemen gelauscht würde. Diese Punkte beschreiben nicht die ganze Wirklichkeit, nicht das, was auf breiter Ebene nottut, und nicht den ganzen Menschen. Vielleicht ist die Jugend von heute bereits weiter als mancher Altvordere, der noch auf dem medial gesteuerten Bedürfnis-Trip verharrt. Gerade junge Menschen entwickeln ein untrügliches Gespür dafür, was wirklich etwas wert ist und worauf es letztlich ankommt. Den gemeinsamen Nenner, den sie da mit ihm haben, hat der Papst bereits benannt: die Liebe. Ein schlichtes und zugleich großes Wort, das (auch innerkirchlich) noch praktisch auszulegen wäre.

Nun kommt es darauf an, ob Papst Benedikt XVI. eine überzeugende Botschaft im Gepäck hat und sie in klarer Sprache anbringt. Und ob er - der biblischen Boots-Geste entsprechend - vom Thron des strengen Glaubenshüters herabsteigt, das kirchliche Amtsdenken überwindet und als Menschenfischer auftritt.

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