An den Haaren herbeigezogen

Alle Kroaten sind Betrüger. Alle Ukrainer sind Diebe oder Prostituierte. Momentan macht man es sich in Deutschland sehr, sehr einfach, wenn es darum geht, Probleme beim Namen zu nennen.

Alle Kroaten sind Betrüger. Alle Ukrainer sind Diebe oder Prostituierte. Momentan macht man es sich in Deutschland sehr, sehr einfach, wenn es darum geht, Probleme beim Namen zu nennen. Nach der Inhaftierung von drei Kroaten, die beschuldigt werden, die Drahtzieher des Wettskandals im deutschen Fußball zu sein, gelten alle Kroaten per se als potenzielle Manipulierer. Nun glaubt die Tageszeitung "Die Welt" Ausläufer des Skandals auch in Trier ausgemacht zu haben. Und wie: Man gebe in einer Internet-Suchmaschine Fußball&Kroate&Eigentor ein, schon hat man alle Verdächtigen zusammen, schon hat man die tolle Exklusiv-Geschichte. Bei Eintracht Trier verdienen einige Spieler aus dem ehemaligen Jugoslawien ihr Geld. Und einer davon erdreistete sich tatsächlich, ins falsche Tor zu treffen. Dass die – angeblich manipulierte – Partie gegen Aachen zu diesem Zeitpunkt bereits entschieden war und das Eigentor keine Bedeutung für den Ausgang hatte, ist der "Welt" egal. Man werfe alle Kroaten in einen Topf, schüttele einmal kräftig und heraus kommt eine neue Schar von Wettbetrügern. Die Eintracht ist sogleich in die Offensive gegangen, wehrt sich gerichtlich gegen die Äußerungen – gut so. Aber der Schatten wird möglicherweise bleiben, nicht nur in Trier, sondern bei allen, die jetzt benannt werden. Das mit aller Härte gegen Hoyzer & Co. vorgegangen wird, ist wichtig, aber Fußball-Deutschland reagiert derzeit so dünnhäutig, dass man mit neuen Anschuldigungen erst an die Öffentlichkeit gehen sollte, wenn man auch Beweise hat. Und da genügt es eben nicht, Kroate zu sein. Die Aktion gegen Zoran Mamic jedenfalls ist an den Haaren herbeigezogen. b.pazen@volksfreund.de

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