An der Realität vorbei

Braucht jedes noch so kleine Dorf eine eigene freiwillige Feuerwehr? Diese Frage ist eine politische Tabuzone, um die auch streitlustige Fraktions-Chefs und Ortsbürgermeister lieber einen großen Bogen machen. Denn die Wehren sind als Retter im Ernstfall und als Hüter des Brauchtums unangreifbar. Niemand will, niemand kann auf sie verzichten.

Braucht jedes noch so kleine Dorf eine eigene freiwillige Feuerwehr? Diese Frage ist eine politische Tabuzone, um die auch streitlustige Fraktions-Chefs und Ortsbürgermeister lieber einen großen Bogen machen. Denn die Wehren sind als Retter im Ernstfall und als Hüter des Brauchtums unangreifbar. Niemand will, niemand kann auf sie verzichten.Dennoch sind auch die Feuerwehren keine heiligen Kühe, die von der kommunalen Finanzmisere und den damit verbundenen Sparzwängen nicht berührt werden dürfen. Einer sinnvollen und konstruktiven Diskussion über mögliche Synergien und effektiveres Wirtschaften werden sich die Brandbekämpfer nicht entziehen können. Viele Wehren haben bereits von sich aus gemeinsame Strukturen geschaffen.

Was der Landesrechnungshof gestern abgeliefert hat, ist zwar theoretisch und mathematisch korrekt, aber es ist weder sinnvoll noch konstruktiv. Wenn ich Wehren streiche, spare ich Geld - pardon, aber diese Erkenntnis ist wirklich nicht neu. Ein flächendeckender Katastrophenschutz muss seine Existenz nicht durch ständige Ernstfälle - die uns hoffentlich erspart bleiben - rechtfertigen, sondern wird überhaupt erst möglich durch die Qualifikation und Einsatzbereitschaft der Wehrmänner und -frauen.

Das ist eine wesentliche Größe, die in der abstrakten Gleichung des Rechnungshofs bedauerlicherweise nicht auftaucht. Papier ist eben geduldig, doch die Realität ist es nicht - besonders dann nicht, wenn Leben in Gefahr sind.

Die Kritik der Kreisfeuerwehrinspektoren ist berechtigt: Der Bericht des Rechnungshofs lässt die Frage offen, wie die Wehren es nach mehreren Streichungen und Schließungen noch schaffen sollen, spätestens acht Minuten nach der Alarmierung vor Ort zu sein. Er lässt ebenfalls unberücksichtigt, dass viele Feuerwehren mit total veralteten Fahrzeugen arbeiten müssen - nicht aus Liebe zum Oldtimer, sondern weil sie ganz einfach nichts anderes haben.

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