Ansprüche haben Grenzen

Die Opfer der Katastrophe von Ramstein verdienen Mitgefühl und Respekt, auch 15 Jahre nach dem verheerenden Unglück. Nichts auf der Welt wird ihre Wunden heilen können. Und es muss ihnen wohlzynisch erscheinen, wenn ihre Ansprüche gegenüber dem Staat und damit der Gesellschaft nun wegen einer Frist-Überschreitung, also wegen einer Rechtsformalität, abgeschmettert worden sind. Mit dem Koblenzer Urteil könnte man sich nun bequem um eine öffentliche Debatte über die inhaltliche Seite der Entschädigungsansprüche drücken. Aber das wäre zu billig. Es geht um Grundsätzliches. Aus der Haftung des Veranstalters heraus haben die Opfer eine Entschädigung erhalten. Sicher keine angemessene, aber wie sollte eine angemessene Entschädigung in so einem Fall auch aussehen? Die Frage des Koblenzer Prozesses ist eine andere: Wie weit geht die Fürsorgepflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern? Wer den Flugtag besucht hat, hat das, sofern erwachsen, freiwillig getan. So wie man freiwillig vom Fünf-Meter-Turm springt oder an einer Ballonfahrt teilnimmt. Natürlich ist niemand davon ausgegangen, dass etwas passiert. Aber das tut auch keiner, der mit dem Auto in Urlaub fährt. Und doch ist es möglich, dass er seine Familie auf der Autobahn sterben sieht. Aber ist der Staat, ist die Allgemeinheit verpflichtet, Schmerzensgeld für die dabei entstehenden psychischen Schäden zu leisten? Muss er von sich aus jedes Opfer über die akute Situation hinaus psychologisch betreuen und für den Fall einer Nicht-Betreuung haften? Undenkbar. Aber es kann letztlich keinen Unterschied machen, ob man seine Tragödie allein am Straßenrand erlebt oder im Rahmen einer spektakulären Katastrophe. d.lintz@volksfreund.de

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