Auf Kollisionskurs

Nach derscharfen Auseinandersetzung um Legitimität und Angemessenheit derIrak-Invasion befindet sich die US-Regierung erneut auf direktemKollisionskurs mit der Mehrheit der Europäischen Union. DerErnüchterung nach dem Auftritt von Colin Powell in Brüsselfolgten gestern die ersten klaren Anzeichen, dass Donald Rumsfeldzum zweiten Husarenritt ansetzt: Der Installation einerÜbergangsregierung ohne jegliche Konsultation der VereintenNationen - vermutlich noch vor Abschluß der Eroberung Bagdads undder Eliminierung Saddam Husseins, der sich gestern im irakischenFernsehen zurück meldete. Damit wird immer deutlicher, wie sichdie Wortführer im Weißen Haus trotz Bedenken von US-Diplomateninsgesamt die Gestaltung des Nachkriegs-Irak vorstellen: Die UNOerledigt die für Washington eher lästige humanitäre Hilfestellungund darf ansonsten die in den USA ausgearbeiteten Planungen zurKenntnis nehmen. Militärstrategisch mag es sogar Vorteile haben, wenn die Bevölkerung des von Truppen weitgehend umringten Bagdad angesichts erster Aktivitäten einer Übergangsverwaltung erkennt, dass das Regime Saddam Husseins trotz eines offenbar weiter lebenden Diktators keine Zukunft mehr hat. Doch für die internationale Akzeptanz einer solchen Interimsverwaltung und den nun bald anstehenden gewaltigen Kraftakt zur Bewältigung der humanitären Krise wäre ein erneuter Mißachtung der internationalen Stimmung enorm schädlich. Die Frage der Zukunft Iraks und der damit verbundenen nächsten Schritte muß unmittelbar in die Hände einer vom Saddam-Regime befreiten Bevölkerung gelegt werden - und an keiner anderen Stelle kann diese so bedeutende Aufgabe besser koordiniert und glaubwürdig umgesetzt werden als innerhalb der Vereinten Nationen.

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