Aufstand Ost endet in Wohlgefallen

BERLIN. (ve) Der Aufstand Ost gegen die Arbeitsmarktreform ist beendet. Nach dem entscheidenden Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder am späten Montagabend gingen die Regierungschefs der neuen Länder zufrieden auseinander.

Wäre das Ergebnis schon vorher klar gewesen, dann wäre das Abstimmungsverhalten auch anders verlaufen, betonte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer. Sein Thüringer Amtskollege, Dieter Althaus (beide CDU), befand: "Wenn die Not groß ist, dann wird reagiert". In der vergangenen Woche hatten die neuen Länder im Bundesrat geschlossen gegen letzte Details beim so genannten Hartz-IV-Gesetz gestimmt. Zum einen, weil sie sich finanziell benachteiligt fühlten. Und zum anderen, weil die besonders angespannte Arbeitsmarktlage im Osten nach Ansicht der Länderfürsten keine Berücksichtigung fand. Nun ist scheinbar alles anders. Dabei hat der Bund keinerlei zusätzliche Finanzhilfen in Aussicht gestellt. Der Ost-West-Konflikt wurde vielmehr durch eine salomonische Lösung entschärft: Ohnehin geplante Lohnkostenzuschüsse für Langzeitarbeitslose sowie öffentlich geförderte Tätigkeiten werden künftig auf solche Regionen konzentriert, in denen die Arbeitslosigkeit über 15 Prozent liegt. Bis auf wenige Ausnahmen ist der Osten davon flächendeckend betroffen. Von der Verabredung profitieren aber auch Teile des Ruhrgebiets. Nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums müssen die Details noch erarbeitet werden. Als Kriterium für die verstärkte Förderung könne die jeweilige Situation in den Arbeitsamtsbezirken dienen. Möglich sei aber auch der Bezug auf jene Regionen, die Kommunen und Arbeitsagenturen künftig im Zusammenspiel über Arbeitsgemeinschaften betreuen sollen. Für die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen stehen im kommenden Jahr bei der Nürnberger Bundesagentur rund 6,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Dabei funktioniert die öffentlich geförderte Beschäftigung so, dass künftige Bezieher von Arbeitslosengeld II für eine Arbeitsgelegenheit etwa in Pflegeheimen oder bei der Kinderbetreuung eine "Mehraufwandsentschädigung" von bis zu zwei Euro pro Stunde erhalten. Bislang kommt dieses Instrument in erster Linie Sozialhilfeempfängern zugute. So konzentriert sich die öffentlich geförderte Beschäftigung entgegen dem allgemeinen Eindruck auch stärker auf den Westen als auf die neuen Länder. Weil das Arbeitslosengeld II keinen Unterschied mehr zwischen Arbeitslosen- und Sozialhilfe kennt, werden die Mittel künftig entsprechend der Arbeitsmarktlage und damit überproportional in den Osten fließen. Der für den Aufbau Ost zuständige Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) lobte die Einigung als gute Grundlage für die Entwicklung in ganz Deutschland. Die Gewerkschaften zweifeln unterdessen am vorgegebenen Finanzrahmen. Ohne zusätzliche Mittel sei eine stärkere Förderung von Arbeitslosen kaum erreichbar, meinte DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer.

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