Augenwischerei

Die Umweltschützer werden bald arbeitslos: Dem deutschen Wald geht es so gut wie schon lange nicht mehr. Die Atomkraftwerke werden abgeschaltet. Und Ozonbelastung ist auch kein Thema mehr. Deutschland wird sauber: Keine stinkenden Autos mehr, kein bleivergifteter Sprit, nur noch ein paar rußende Industrieschlote. Der Kampf für eine saubere Umwelt macht sich anscheinend bezahlt. Weitaus weniger als noch vor Jahren wird noch vor dem gefährlichen Ozon gewarnt. Die willkürlich festgelegten Grenzwerte werden nicht mehr so häufig überschritten. Doch der Schein trügt: Es mag wohl sein, dass die strengen Umweltauflagen für Autohersteller und Ölindustrie ihre Früchte tragen. Aber es ist Augenwischerei. Noch bis vor vier Jahren galt ein scharfes Sommersmog-Gesetz. Stieg der Ozonwert über 240 Mikrogramm pro Kubikmeter dann drohte ein Fahrverbot für alle Autos ohne Katalysator. Druckereien, die den orangefarbenen Aufkleber für abgasarme Autos, die noch fahren durften, herstellten, verdienten sich dumm und duselig. Weil das Fahrverbot durch zahllose Sondergenehmigungen ausgehöhlt wurde, und sich niemand ernsthaft dafür interessierte, wollte Bundesumweltminister Trittin das Gesetz noch verschärfen und den Grenzwert senken. Doch er scheiterte damals an den Unions-Ländern im Bundesrat. Seitdem gilt in Deutschland der EU-weite Grenzwert von 360 Mikrogramm als Alarm-Marke - ein Wert, der selbst zu Zeiten, in den Katalysatoren noch zur Zusatzausstattung gehörten, nie erreicht wurde. Erst ab September gilt in der EU wieder der ehemalige deutsche Richtwert. Die Grenzwerte - bei der Strahlenbelastung oder Luftverschmutzung ist es nicht anders - werden festgelegt, wie es gerade passt. Soll demonstriert werden, dass alles im Lot ist und die Belastungen zurückgegangen sind, werden sie einfach nach oben geschraubt. So kann man Umweltschutz auch erfolgreich verkaufen. b.wientjes@volksfreund.de

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