Aus Lust wird schnell Frust

Bis in den letzten Winkel der Republik hat sich inzwischen herum gesprochen, dass dieses Land umgekrempelt werden muss. Die Deutschen sind laut einer Umfrage von Allensbach reformfreudiger als viele Politiker glauben.

Gut zu wissen - es bleibt aber die Frage, was die Politik aus der eigentlich ja nicht neuen Erkenntnis macht? Wie schon so oft, wird sie auch diese Chance vermutlich kaum nutzen. Nicht erst seit Gerhard Schröder Bundeskanzler ist, liegen die Probleme des Arbeitsmarktes, im Bereich der Gesundheit oder bei der Rente wie düstere Wolken über dem Land. Vieles von dem, was heute dringender denn je reformiert werden muss, hätte auch schon in der Ära Kohl oder gar davor angepackt werden müssen. Wurde es aber nicht, weil die Systeme irgendwie funktioniert haben. Und wenn doch zugelangt wurde, dann ging den "Jahrhundertreformen" schnell wieder die Luft aus. Die Politik krankt nun mal seit Jahren daran, dass Stückwerk Methode geworden ist. Mag sein, dass der so genannte "große Wurf" wegen der Komplexität der Themen nicht mehr möglich ist. Wenn dem so ist, dann hat der Bürger aber zumindest ein Anrecht auf verlässliche und vor allem klar erkennbare Linien. Gibt es solche? Im Dickicht der Reformgefechte sind sie sowohl bei der Regierung als auch der Opposition momentan nur äußerst schwer zu erkennen. Stattdessen erleben die Deutschen quälende Endlosdebatten, in denen Kommissionäre und Politiker heute das, morgen dies zum Maß aller Dinge erheben und damit für fatale Verunsicherung sorgen; in denen jeder einzelne Aspekt und jede Interessenlage von vorn und von hinten beleuchtet wird. Es fehlt die Entscheidungsfähigkeit in diesem Lande. Insofern ist es schon verwunderlich, dass bei den Bürgern aus Reformlust noch nicht wieder Frust geworden ist. nachrichten.red@volksfreund.de

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