Bürger als Klima-Opfer

Klimaschutz in Deutschland ist blinder Aktionismus. Es wird so getan, als ob man mit Beschlüssen, die am grünen Tisch gefasst wurden, das Klima retten könnte. Jüngstes Beispiel: Rußfilter für Kaminöfen.

Mit den vielleicht sogar begründeten Plänen dazu stößt man Millionen von Besitzern solcher Öfen vor den Kopf. Erst wird Holz als sinnvolle Energiequelle und besonders umweltfreundlich propagiert, und nun sollen Kaminöfen die Luftverpester Nummer eins sein. Das zeigt, wie hilflos die deutsche Umweltpolitik ist. Statt den wirklichen Luftverpestern an den Kragen zu gehen, gaukelt man mit solchen Ideen vor, den Klimaschutz voranzutreiben. Währenddessen dürfen Industrieschlote weiter qualmen, dürfen sich Unternehmen durch höchst zweifelhafte Kuhhändel freikaufen vom Emissionsschutz. Jahrelang drückte sich die Bundesregierung davor, eine Dieselrußfilter-Pflicht für PKW einzuführen - aus Angst vor der Autolobby. Die darf weiter ungestraft spritfressende Großraumlimousinen bauen, vom sparsamen Drei-Liter-Auto will die Politik nichts wissen. Und trotz EU-Vorschrift und höchstrichterlichen Urteils wird die Feinstaub-Verordnung für Kommunen auch nicht so recht ernstgenommen. Mit fadenscheinigen Ausreden und zweifelhaften Messungen umgehen viele Städte Maßnahmen zur Reduzierung der Luftverschmutzung. Verkehrsreduzierung? Fehlanzeige. Förderung des Nahverkehrs? Kein Interesse. Fragt sich, warum Deutschland dann Vorreiter in Sachen Umweltschutz sein soll, wie es Umweltminister Gabriel immer wieder verkündet. Bei den Bürgern jedenfalls kommt immer mehr an: Klimaschutz tut weh und belastet den Geldbeutel. Sie sollen weniger autofahren, weniger fliegen, und nun sollen sie auch noch dafür bezahlen, dass sie mit umweltfreundlicher Energie heizen. Zumal die neuesten Pläne mal wieder schwer nach Lobby-Politik riechen. Denn bei der Entscheidung, Auflagen für das gemütliche Holzfeuer zu machen, saßen Verbände wie die Heizungsbranche mit am Tisch, die sich von den schärferen Bestimmungen neue Aufträge erhoffen - Umweltpolitik im Auftrag der Industrie. So kann man den Menschen den Klimaschutz auch madig machen. Angesichts der immer dramatischeren Warnungen vor dem Klimawandel muss Umweltschutz als eine umfassende, alle angehende Aufgabe begriffen werden - ohne Angst vor Lobbyisten und Abwanderungsdrohungen von Unternehmen. b.wientjes@volksfreund.de

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