Beachtliche Schritte

Integration heißt fordern und fördern. Das ist ein Satz von Kanzlerin Angela Merkel, der sehr nach politischer Phrase klingt. Aber er trifft nun mal den Kern.

Integration erreicht man nicht dadurch, dass man demokratischen Institutionen Ultimaten stellt. Ebenso wenig wird man ein gelebtes, gesellschaftliches Miteinander aufbauen, wenn man Ausländern abverlangt, zu allem Ja und Amen sagen zu müssen, was ihnen die deutsche Politik serviert. Bloß das nicht. Integration hat eben viel mit Respekt und Rücksichtnahme von beiden Seiten zu tun. Man muss neidlos anerkennen, dass der nationale Integrationsplan diese grundsätzliche Haltung trotz der vielen Querelen im Vorfeld widerspiegelt. Ein Plan, der sich durchaus sehen lassen kann.

An ihm haben auch die Verbände mitgearbeitet, die gestern mit viel Getöse dem Gipfel fern geblieben sind. Auch sie sind ja ohne Zweifel der Meinung, dass die frühe Förderung von Migrantenkindern deutlich verbessert werden muss, dass Integrationskurse ausgebaut oder Modellprogramme gegen Schulverweigerung aufgelegt werden müssen. Auch sie haben die 400 Selbstverpflichtungen miterstellt, mit denen der so eklatante Bildungsnotstand unter den Migranten behoben werden soll. Das alles soll also nichts mehr wert sein, weil einige Funktionäre das verschärfte Zuwanderungsgesetz fälschlicherweise als Generalangriff gegen die hier zu Lande lebenden Türken verstehen?

Diese Haltung ist ein grandioser Fehler, weil sie ideologisch stur die Migranten um viele neue Möglichkeiten beraubt. Und weil noch etwas nicht anerkannt wird: Mit dem Integrationsplan akzeptiert die deutsche Politik schwarz auf weiß eigene Integrationsversäumnisse der letzten Jahrzehnte.

Das ist ein beachtlicher Schritt, der vor Jahren noch undenkbar gewesen ist. Was nun noch fehlt, sind Mechanismen, mit denen die Realisierung der Vorhaben überprüft werden können. Das ist dringend notwendig, damit der schöne Integrationsplan nicht nur auf dem Papier schön ist. Vielleicht ergibt sich dann auch endlich einmal die Gelegenheit, mehr über die Chancen zu debattieren, die gut ausgebildete, hier lebende Migranten und deren Kinder diesem Land bringen können. Für Forschung und Wissenschaft, für die Kultur, für das normale Leben die Bereicherung kann vielfältig sein, wenn man sie zulässt. Die Probleme dürfen nicht klein geredet werden, aber das Positive kommt in der gesamten Diskussion um Integration und Zuwanderung bislang viel zu kurz.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort