Befreiungsschlag bleibt aus

Eine alte Börsenregel sagt: "Kaufe, wenn die Kanonen donnern." Insofern könnten Analysten und Anleger den Beginn der Kriegshandlungen der Vereinigten Staaten im Irak als Aufforderung verstanden haben, endlich die Lethargie abzuschütteln, die seit etwa drei Jahren die Arbeit auf dem Parkett hemmt.

Denn Börse ist in erster Linie Psychologie - allerdings mit teuren Mitteln. Zwar haben die weltwirtschaftliche Misere, Unternehmenspleiten und Firmenskandale die Kurse der gehandelten Wertpapiere mächtig in den Keller gezogen. Doch ein immer näher rückender Krieg gegen Saddam Hussein hat sich zunehmend zum Allheilmittel gegen die Börsenkrise aufgebaut - und damit notwendige und auch mögliche Kurskorrekturen aufgeschoben. Wenn erst einmal die ersten Bomben auf Bagdad gefallen wären, so hieß es lange, dann würden sich auch die Kurse berappeln und wieder anziehen. Zwar haben vereinzelt Aktienmärkte in Asien und Australien mit Beginn des Krieges nach oben tendiert. Doch so einfach haben sich weder Analysten noch Anleger von den ersten Angriffen der USA auf den Irak täuschen lassen. Die Europäer zum Beispiel agieren höchst nervös. Ausschläge nach oben haben sich nicht gefestigt. Zu unbeständig ist das Geschehen zwischen Euphrat und Tigris. Zu unsicher sind Dauer und Folgen von Angriffen und Attentaten. Zu hoch sind mögliche Folgekosten für die gesamte Wirtschaft. Insofern wird auch eine mögliche Kurs-Rallye an den US-Aktienmärkten nicht das Ende der Talfahrt einläuten. Die Aufschläge, die die Kurse jetzt kurzzeitig verzeichnen, sind größtenteils auf Gewinnmitnahmen zurückzuführen. Profitieren werden nur die "Kriegsspekulanten", nicht die übrigen Aktienbesitzer. Es war ein kurzer, aber kraftloser Erstschlag - der Beginn des Krieges hat nicht für den lang ersehnten Befreiungsschlag an den Börsen gesorgt. s.schwadorf@volksfreund.de

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