Betrug am Verbraucher

Reklame ist keine Sünde. Wer etwas verkaufen will, hat auch das Recht, dafür zu werben. Das hat mit Freiheit zu tun.

Reklame ist keine Sünde. Wer etwas verkaufen will, hat auch das Recht, dafür zu werben. Das hat mit Freiheit zu tun. Aber ebenso hat der Verbraucher das Recht, Werbung zur Kenntnis zu nehmen oder eben nicht. Er kann zuschauen, hinhören, lesen. Oder zappen, ausschalten, wegschauen. Auch das hat mit Freiheit zu tun. Und, nicht zuletzt, mit der Qualität und Seriosität der gebotenen Werbung. Voraussetzung für diesen fairen Deal ist aber, dass der Konsument weiß, wann er mit Werbung konfrontiert ist. Und damit muss er nicht rechnen, wenn er programmliche oder redaktionelle Inhalte erwarten darf. Schleichwerbung ist Betrug am Verbraucher, weil sie ihm das Recht nimmt, frei zu entscheiden. Er bekommt Reklame untergejubelt, und für diese Gaunerei kassiert das Medium, oder – wie im Fall Marienhof – eine Produktionsgesellschaft sehr viel Geld. Seit mit dem Aufkommen der privaten Fernsehsender der werbliche Overkill auf dem Bildschirm Einzug gehalten hat, gehen die Zuschauer immer bewusster mit den oft ungeliebten Spots um. Um so größer ist die Begehrlichkeit der Auftraggeber, sich unter der Hand einzuschleichen. Deshalb ist eine rigorose Abgrenzung unverzichtbar. Es ist traurig, dass auch öffentlich-rechtliche Sender in solche Machenschaften verwickelt sind. Dabei geht es nicht nur um Vorabendserien – das unverfrorenste Beispiel für Schleichwerbung waren jahrelang die Gummibärchen bei "Wetten, dass". Man kann den Verantwortlichen nicht ernsthaft abnehmen, dass solche Entwicklungen völlig an ihnen vorbei gelaufen sind. Allerdings sollte auch niemand auf die Rattenfängerei der Privaten hereinfallen, die den aktuellen Skandal nutzen wollen, um den Öffentlich-Rechtlichen die Werbetöpfe zu kappen. Erstens waren es gerade Sat.1, RTL & Co., die die Reklame-Sitten systematisch verdorben haben. Und zweitens wäre ein Werbeverbot für ARD und ZDF nur eine letztlich vom Gebührenzahler zu finanzierende Umleitung von Geldströmen in die Kasse der Privatsender. Die Zuschauer hätten davon nicht das Geringste. d.lintz@volksfreund.de

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