CDU-Zirkus

Eigentlich schön, dass es noch Parteigliederungen wie den Trierer CDU-Bezirksverband gibt, wo hinter verschlossenen Türen um die beste Lösung gerungen wird und sich die Kontrahenten anschließend trotzdem noch zum gemeinsamen Bierchen an der Theke treffen.

Eigentlich schön, wäre das Vorspiel nicht ein so unappetitliches gewesen, eine Steilvorlage für all jene, die Politik für ein mieses Geschäft und ihre Repräsentanten für skrupellos und machtgierig halten. Klar doch: Eine Kampfkandidatur ist in einer demokratischen Volkspartei etwas völlig Normales, Indiz dafür, dass die Partei nicht autoritär am Gängelband geführt wird, sondern der interne Meinungsbildungsprozess funktioniert, verschiedene Strömungen und Köpfe um Einfluss und Positionen ringen. Klar ist aber auch: Die Art und Weise, wie die drei Bezirkschefs Peter Rauen (Trier), Joachim Hörster (Koblenz-Montabaur), Kurt Lechner (Rheinhessen-Pfalz) und andere CDU-Funktionäre ihren Vordermann Christoph Böhr in aller Öffentlichkeit desavouiert und angeschossen haben, hat mit einem normalen politischen Wettstreit nichts zu tun. So geht man mit Parteifreunden nicht um, schon gar nicht mit einem Landes-Chef und stellvertretenden Bundesvorsitzenden. Gewiss: Christoph Böhr ist kein Charismatiker, kein Kurt Beck oder Peter Müller, die das Bad in der Menge nicht nur suchen, sondern brauchen. Dafür ist der Trierer Böhr ein Vordenker, jemand, der Visionen entwickeln kann, die über das politische Alltagsgeschäft hinausreichen. Möglicherweise ist gerade die falsche Zeit für diese in der Politik eher seltene Spezies, und möglicherweise hat Böhr in dem Volkstribun Kurt Beck einen kaum bezwingbaren Gegner. Andererseits: Auch CDU-Bezirkschef Peter Rauen muss erst noch beweisen, dass er die den innerparteilichen Streitereien überdrüssigen CDU-Mitglieder mitnehmen und programmatische Alternativen entwickeln kann. Der Salmrohrer ist, daran besteht kein Zweifel, die Trumpfkarte im Ärmel der nicht wenigen Böhr-Kritiker im Land. Wenn die Signale aus den drei rheinland-pfälzischen Bezirksverbänden nicht trügen, wird er für Christoph Böhr bei der Mitgliederbefragung und auf dem anschließenden Nominierungsparteitag kein leichter Gegner sein, ihn womöglich sogar knapp schlagen. Er müsste von Böhr anschließend den Landesvorsitz übernehmen, auf eine erneute Bundestagskandidatur verzichten und in zwei Jahren, als dann 61-Jähriger, die Partei in den Landtagswahlkampf führen. Was aber, wenn Rauen 2006 verliert? Dann werden die, die zuvor womöglich den Kürzeren gezogen haben, aus ihren Löchern kommen, Rauen einen "Königsmörder" schimpfen, dem die Wahlschlappe zu verdanken sei, und für seine Abstrafung plädieren. Dann ginge der ganze CDU-Zirkus wieder von vorne los. Und die Suche nach einem neuen Dompteur. r.seydewitz@volksfreund.de

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