Das Ende der Kaffeefahrten

In der Saison 2002 konnten selbst eingefleischte Formel-1-Fans den Sonntagnachmittag zum Kaffee trinken bei Tante und Onkel nutzen, denn die Formel Langeweile um Michael Schumacher erreichte die Spannung einer Kaffeefahrt. Ein Jahr später ist alles anders. Zum Glück für Fans, Medien, Sponsoren und Formel-1-Chef Bernie Ecclestone. Spannung bis zur letzten Rennrunde des finalen Rennens und keine Entscheidung bereits im Frühsommer. Dass aber am Ende wieder der nun gekrönte alleinige Kaiser der Königsklasse die Weltmeisterschaft gewann, verwundert wenige. Ferrari hat - auch dank des Sachverstands von Michael Schumacher - seine Konstanz bewiesen, hat allen als Regeländerungen getarnten Ausbremsversuchen, die eigentlich dazu gedacht waren, die konkurrenzlose Stellung der Italiener zu beenden, getrotzt.Doch die Änderungen, aber auch das Hickhack um die richtige Reifenfirma haben dazu geführt, dass es kein Solo für Schumi wurde, sondern ein Dreikampf, an dem - aus deutscher Sicht positiv - immer irgendeine Komponente aus Kerpen, München oder Stuttgart beteiligt war. BMW, Mercedes und die Schumachers lieferten sich eine packende Saison, die allerdings wieder eher weniger von fahrerischen Höchstleistungen, als viel mehr von Taktik und Technik geprägt war. Dass Schumi ein Naturtalent ist, wie es wohl auch in ferner Zukunft keines mehr geben wird, ist klar, aber mittlerweile spielt die Technik eher die beherrschende Rolle. Zu selten gibt es die guten alten Überholmanöver, die packenden Zweikämpfe, der Rennausgang wird eher von der Anzahl der Boxenstopps oder der Wahl der Reifen entschieden. Andere Rennserien, wie die DTM, bieten deutlich mehr Spannung und fahrerische Glanzleistungen.Immerhin ging in diesem Jahr alles sauber über die Formel-1-Bühne: Keine Schiebereien, keine Stallregie. Nun hat Schumi endgültig alle Rekorde inne - für andere wäre der Zeitpunkt zum Abdanken gekommen. Wer aber Michael Schumacher kennt, weiß, dass er seinen Vertrag bis 2006 erfüllen wird. Blieben theoretisch noch drei WM-Titel. Die Dominanz der deutsch-italienischen Freundschaft wird uns also noch über Jahre begleiten. Es bleibt nur abzuwarten, ob es Rennen oder Kaffeefahrten werden. b.pazen@volksfreund.de

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