Das Spiel ist aus

Anfang Mai war die Welt der Grünen noch in Ordnung. "Das Spiel ist aus", verkündeten sie damals siegesgewiss. Nun hat sich der flotte Spruch gegen den kleinen Koalitionspartner gekehrt. Er sitzt nicht mehr mit am Tisch, wenn das politische Spiel um ein gemeinsames Zuwanderungsgesetz mit der Union in die Endphase tritt.

Der Kanzler hat ein Machtwort gesprochen. Ein rot-grünes Gesetz im Alleingang hätte die kraftstrotzenden Grünen noch mehr beflügelt und die ohnehin schon gebeutelte SPD weiter geschwächt. Das konnte Gerhard Schröder nicht zulassen. Im Ergebnis darf die Union zu Recht behaupten, dass vom ursprünglichen Reformprojekt der Koalition kaum mehr als Überschriften geblieben sind. Fast schon vergessen ist die Zeit, als der Kanzler eine deutsche Green Card initiierte, um 10 000 Computerfachleute ins Land zu holen. Die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte als Vorstufe eines revolutionären Ausländerrechts - das war die rot-grüne Strategie. Allein die wirtschaftliche und politische Großwetterlage taugte immer weniger für eine bahnbrechende Neuordnung. Bei weit über vier Millionen Arbeitslosen löst schon der Begriff der Zuwanderung Abwehrreflexe aus. Die furchtbaren Terroranschläge von New York und später in Europa taten ihr Übriges. So verkam das Zuwanderungsgesetz eher zu einem Abschiebegesetz. Mit dem ursprünglichen Regierungsentwurf sollte ein Punktesystem nach solchen Kriterien wie Alter, Bildung und Sprachkenntnisse die Migration in den Arbeitsmarkt steuern. In Staaten wie Kanada oder den USA ist das längst Praxis. Nun wird es beim generellen Anwerbestopp bleiben. Bescheidene Ausnahmen gibt es nur für Hochqualifizierte, Selbständige und Ausländer, die in Deutschland ein Studium absolviert haben. Neben der grünen Partei muss auch die Wirtschaft diese Halbherzigkeit beklagen. Schließlich mangelt es schon heute vielerorts an "normalen" Fachkräften. Eine verschärfte Strafandrohung für gefährliche Ausländer war anfänglich überhaupt nicht vorgesehen. Insofern hat sich die Union auf ganzer Linie durchgesetzt. Sie hat so getan, als ob die Behörden potenziellen Terroristen machtlos gegenüber stünden. Dieser Unsinn schien in dem erfolglosen Begehren nach einer Sicherungshaft zu gipfeln, die sämtlichen rechtsstaatlichen Prinzipien widerspricht. Von der zwingenden Abschiebung von Schleusern bis zur Regelanfrage beim Verfassungsschutz bleiben aber noch genügend erfüllte Forderungen, die den C-Parteien am Herzen lagen. Zweifellos ist nicht alles davon überflüssig. Die Grünen sind bemüht, "ihre" Erfolge wie etwa die Anerkennung der nichtstaatlichen und geschlechtsspezifischen Verfolgung als Asylgrund heraus zu stellen. In Wahrheit handelt es sich dabei schlicht um humanitäre EU-Standards. Die großen Linien sind also gezogen. Was diverse Arbeitsgruppen nicht in einem halben Jahr schafften, hat der Kanzler scheinbar an einem Tag abgeräumt. Trotzdem ist das Kompromisspapier noch kein Gesetz. Merkel & Co. werden tunlichst dafür sorgen, dass die christdemokratische Handschrift auch im Gesetzestext erkennbar bleibt. Auf den Koalitionsfrieden kommen deshalb noch einige Belastungsproben zu. nachrichten.red@volksfreund.de

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