Das deutsche Bildungs-Drama

Die Umstellung auf die internationalen Bachelor- und Master-Abschlüsse, aus Sicht vieler Bildungspolitiker ein voller Erfolg und ein enormes Plus für Deutschlands Uni- und Fachhochschul-Landschaft, wird für Studienanfänger zur Tortur.

Das ist eine logische Konsequenz. Die engen Curricula fordern von den Studenten ein zügiges Abarbeiten der von der Prüfungsordnung vorgegebenen Scheine. Dieses schnelle Voranschreiten ist jedoch völlig unmöglich, wenn der Student - bisher an die straffe und klar vorgegebene Ordnung der Schule gewöhnt - plötzlich orientierungslos in einem riesigen Bildungsbetrieb umherirrt und den Großteil seiner Energie darauf verwenden muss, einen Platz im dringend benötigten Seminar zu ergattern oder auf der Audimax-Treppe nicht die Konzentration zu verlieren.Diese anfängliche Orientierungslosigkeit und die überfüllten Vorlesungen gab es schon immer, werden viele sagen, die in den vergangenen drei Jahrzehnten eine Uni oder FH besuchten. Schlimm genug. Doch offenbar entspannt sich die Lage nicht, im Gegenteil: Es wird immer enger an der Uni, die Situation für Studienanfänger wird immer frustrierender und verwirrender. Über Jahrzehnte hinweg galt dieses "Durchbeißen" an Uni und FH als Teil eines Reife-Prozesses und damit einer Entwicklung, von der später auch die Wirtschaft profitiert. Es ist jedoch höchste Zeit, diesen gnadenlosen Zweckoptimismus zu begraben und die Realität zu sehen.

Diese ist in vielen Punkten unangenehm. Die Situation an vielen Unis und Fachhochschulen ist tatsächlich eher eine Massenabfertigung als eine Schaffung qualifizierter und in der Wirtschaft gefragter Fachleute. Es ist vor diesem Hintergrund quasi unmöglich, die Regelstudienzeiten einzuhalten. Viele halten das sich über Jahre hinziehende Chaos nicht mehr aus, brechen ab oder bleiben in einem der Zwischenjobs hängen, ohne die sie finanziell nicht über die Runden kämen.

Der aus dieser Bildungs-Misere resultierende wirtschaftliche Schaden ist mit Sicherheit astronomisch hoch. Viele verschwenden Jahre an ihrer Uni oder FH, hören völlig demotiviert auf oder retten sich bis zum Diplom oder Examen - um dann herauszufinden, dass sie für einen erfolgreichen Einstieg in die Wirtschaft weder die notwendigen Grundlagen noch die nötige Energie besitzen.

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