Der Faktor Mensch

Es ist ein bemerkenswertes Phänomen: Zur selben Zeit, da viele Arbeitnehmer sich mehr und mehr als störender betriebswirtschaftlicher Kostenfaktor abkanzeln lassen müssen, entdecken kluge Unternehmen, dass da im Kittel, Blaumann oder Anzug ein Mensch steckt - und nicht nur eine Renditenbremse.

Wenn dieser Mensch vernünftig und entlang seiner Möglichkeiten eingesetzt wird, wenn sein Job ihm Spaß macht, wenn das Umfeld im Team stimmt, dann leistet er mehr. Schiebt er Frust, fühlt er sich über- oder unterfordert, fehlt ihm die Perspektive, dann leistet er weniger. Diese Erkenntnis ist eigentlich ebenso alt wie einfach, und trotzdem wird sie im Arbeitsleben viel zu selten beherzigt. Die Zeiten, da sich die Angehörigen eines Betriebes wie eine große Familie fühlten, für die man sich bedingungslos einsetzt, sind vorbei. Sie werden auch nicht wiederkommen, weil sie in die ökonomische Realität nicht mehr hineinpassen. Wer trotzdem Wir-Gefühl und Einsatzbereitschaft schaffen will, braucht keine hohlen Beschwörungsformeln, sondern intelligentes, vor allem aber auch ehrliches Personalmanagement. Wenn sich hinter all den (nicht zufällig meist anglizistisch angehauchten) Phrasen von Feedback, Change Management, Personalcontrolling letztlich nur ein besonders gut getarnter Versuch verbirgt, die Kapazitäten der Mitarbeiter bis zum letzten Quäntchen auszuquetschen, wird die Sache ins Leere laufen. Wenn Richt- und Leitlinien nur so lange gelten, wie es dem Chef passt, wird sie niemand ernst nehmen. Wenn es aber ehrlich gemeint ist mit der direkten Kommunikation, dem offenen Klima, dem beiderseitigen Profit von Investitionen in die Qualifikation, dann lässt sich aus dem Faktor Mensch eine ganze Menge zusätzliches Potenzial herausholen. Und zwar zum Nutzen aller Beteiligten. d.lintz@volksfreund.de

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