Der Politik ins Aufgabenbuch
Das Spannende an den Vorschlägen des "Aktionsrates Bildung" ist nicht deren Inhalt, sondern die Reaktion darauf. Was die Experten vorschlagen, ist ein - provokativ formuliertes - Sammelsurium unterschiedlicher Ideen, von denen manche schlüssig, viele diskussionswürdig und einige problematisch sind.
Es lohnt, sich im Detail damit auseinanderzusetzen. Aber bevor man das 180-seitige Gutachten überhaupt ernsthaft gelesen haben kann, senken die bildungspolitischen Platzhirsche schon das Geweih zum Kampf. In bemerkenswerter Koalition erteilen die linke GEW und der konservative VBE, der sozialdemokratische Ober-Kulturminister Zöllner und die christdemokratische Bildungsministerin Schavan den Überlegungen eine Absage. Da zeigt sich das Problem der Bildungspolitik hierzulande. Es herrscht Einigkeit darin, dass es so, wie es ist, nicht bleiben kann. Aber sobald jemand die heiligen Kühe der einen oder anderen Fraktion antastet, gibt es eine große Koalition der Blockierer. So entwickelt sich mit Tippelschrittchen, was doch Siebenmeilenstiefel bräuchte. Viele Vorschläge des Aktionsrates weisen in eine richtige Richtung. Mehr reale Autonomie der Schulen wäre dringend nötig, und das heißt: Der Kontroll-Bürokratie wird man ihre Kraken-Arme abschlagen müssen. Aber muss man dafür die Schulen privatisieren? Und ist den Eltern klar, dass mehr Autonomie auch weniger "einklagbare" Standardabläufe bedeutet? Mehr leistungsorientierte Bezahlung, das sollte engagierte und weiterbildungs-interessierte Lehrer - also die Mehrheit - nicht schrecken. Aber haben die Experten auch untersucht, wie viel Bewertungsbürokratie dabei entsteht? Das Aktionsrat-Gutachten beantwortet nicht alle Fragen. Aber es verdient eine ernsthafte Debatte. Und seine Forderung nach einem "Masterplan" sollten die Politiker dick ins Aufgabenbuch eintragen. d.lintz@volksfreund.de