Der Reiz des Verbotenen

Grenzen sind dazu da, überschritten zu werden. Doch bei den Texten einiger deutscher Rapper, die auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gelandet sind, wird die Grenze eher übertrampelt.

Grenzen sind dazu da, überschritten zu werden. Doch bei den Texten einiger deutscher Rapper, die auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gelandet sind, wird die Grenze eher übertrampelt. Zweifellos gehören in jeder Jugendkultur Provokation und das Ausloten von Grenzen (des Geschmacks) dazu. Nur so können die Jugendlichen zu einer eigenen Meinung finden. Doch Musiker, die Hasstiraden, Menschen verachtende Parolen und Obszönitäten unter die Jugendlichen bringen, eignen sich nicht als Identifikationsfiguren. Dass die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hier eingreift, ist richtig. Die Verantwortlichen sollten allerdings im Auge behalten, dass auch Negativbeispiele einen positiven Effekt erzielen können: Sie animieren Jugendliche, sich bewusst zu distanzieren, helfen ihnen, eigene Positionen zu finden. Diese Möglichkeit darf man ihnen nicht durch übereilte Verbote nehmen. Wer Musiktitel aus dem Verkehr zieht, muss sich den Vorwurf der Bevormundung gefallen lassen. Hinzu kommt, dass die öffentliche Diskussion über indizierte Texte in aller Regel dazu führt, dass die Musiker bekannter werden und ihre Titel interessanter. Der Reiz des Verbotenen. Was also tun? Der Grat zwischen Zusehen und Eingreifen muss in jedem Einzelfall neu beschritten werden. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Verbote sind nur in krassen Fällen die richtige Lösung – dann, wenn Grenzen nicht nur überschritten, sondern übertrampelt werden. m.kewes@volksfreund.de

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