Der Schleier der Legalität

Die gute Nachricht lautet: Allen, die bisher mit schlechtem Gewissen und in ständiger Angst vor Entdeckung illegale Senioren-Betreuerinnen engagiert haben, ist geholfen: Mit der neuen Verordnung zur Beschäftigung osteuropäischer Haushaltskräfte können sie ihre Angestellten im kommenden Jahr regulär beschäftigen.

Ungetrübt ist die Freude darüber freilich nicht. Die Verordnung, die der Gesetzgeber vorgelegt hat, ist ein mehr als seltsames Konstrukt. Osteuropäische Kräfte dürften ausschließlich hauswirtschaftliche Tätigkeiten übernehmen, heißt es da. Sie sollten pflegenden Angehörigen den Rücken frei halten, auf keinen Fall aber in der Pflege arbeiten. Nun weiß jeder, der auch nur ansatzweise mit der Thematik vertraut ist, dass die Frauen aus Polen, Slowenien & Co. in aller Regel nicht in den Haushalten pflegender Angehöriger arbeiten - sondern dass es, im Gegenteil, meist gerade darum geht, den Pflegebedürftigen ein Leben in ihren eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Wer Verwandte hat, die ihn versorgen, braucht keine Osteuropäerin. Auch die Bestimmungen zur wöchentlichen Arbeitszeit dürften mehr für den schönen Schein als für eine Umsetzung in die Praxis gedacht sein: Selbst, wenn man wollte - wie könnte man das kontrollieren? Die Vermutung liegt nahe, dass es darum geht, eine Form illegaler Beschäftigung zu vernebeln. Weil man einen Verzicht auf die billigen Betreuerinnen weder den Pflegebedürftigen und ihren Familien noch den Sozialkassen zumuten will. Und weil man gleichzeitig eine mächtige Lobby nicht vor den Kopf stoßen und an den hohen Standards in der professionellen Pflege festhalten möchte. Kurz: Dass die neue Verordnung dazu dient, einer verbotenen Tätigkeit den Schleier der Legalität umzuhängen. Das ist die schlechte Nachricht. Auch wenn man angesichts der positiven Auswirkungen für so viele Familien auch in unserer Region mit ihr leben kann. i.kreutz@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort