Der Wille des Patienten ist antastbar

BERLIN. (vet) In Großbritannien können Schwerstkranke künftig selbst über ihre weitere Behandlung entscheiden. Geht es nach Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), dann sollen auch die Rechte deutscher Patienten großzügiger gehandhabt werden.

Die grüne Bundestagsabgeordnete Christa Nickels bezeichnete die Pläne von Ministerin Zypries gestern sogar als "Türöffner zur aktiven Sterbehilfe". Nickels sitzt in der parlamentarischen Enquetekommission "Recht und Ethik in der modernen Medizin", die sich mehrheitlich gegen ein Gesetzesvorlage von Zypries zur Regelung so genannter Patientenverfügungen ausgesprochen hat. Darunter werden Willensäußerungen verstanden, in welcher Weise ein Mensch medizinisch behandelt oder eben nicht behandelt werden möchte, falls er aus Krankheitsgründen selbst nicht mehr dazu in der Lage ist. Zwar machen viele Bürger von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch. Doch in der Praxis entstehen immer wieder Unklarheiten. So muss der vorgefasste Wille nicht in jedem Fall mit der aktuellen Meinung übereinstimmen. Auch ist unklar, welche Krankheitssituation damit erfasst werden. Nach Ansicht von Zypries müssen Patientenverfügungen auch dann Bestand haben, wenn eine Erkrankung noch keinen tödlichen Verlauf genommen hat. Eine mündliche Willensbekundung erachtet die Ministerin als ausreichend. Gerade bei diesen beiden zentralen Punkten hat die Mehrheit der 26-köpfigen Enquetekommission eine ganz andere Auffassung. In ihrem Zwischenbericht zum Thema Patientenverfügung wird festgehalten, dass jede Willenserklärung der Interpretation bedarf. Ein Abbruch lebensverlängender Maßnahmen halten die Parlamentarier nur dann für erlaubt, "wenn das Grundleiden irreversibel ist" und trotz medizinischer Behandlung zum Tode führen wird. Demenzkranke und Patienten im Wachkoma könnten demnach keinen Behandlungsabbruch geltend machen. Zugleich verlangt die Kommission, dass Patientenverfügungen nur in schriftlicher Form gültig sind. Die Bundesjustizministerin ist zu Änderungen an ihrem Gesetzentwurf bereit. Von den restriktiven Beschränkungen, wie sie die Enquetekommission mehrheitlich befürwortet, hält Zypries allerdings herzlich wenig. Die Gesetzesvorlage soll im Frühjahr 2005 ins Kabinett kommen.

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